Direkt zum Inhalt Direkt zur Navigation

Songlexikon

Benutzerspezifische Werkzeuge
Sie sind hier: Startseite Songs in alphabetical order The Number of the Beast
Artikelaktionen

The Number of the Beast

Iron Maiden

Mit dem Song THE NUMBER OF THE BEAST und dem gleichnamigen Album der Londoner Band Iron Maiden etabliert sich Heavy Metal im globalen Maßstab als eigenständiges Genre der popularen Musik. Um das Genre etabliert sich mit dem gewaltigen kommerziellen Erfolg Iron Maidens in den frühen 1980er-Jahren von England aus eine weltweite Szene, die sich unter der neuen Stilbezeichnung "Heavy Metal" formiert und dies affirmativ über Merchandise, Magazine und modische Codes visualisiert.
Zugleich stellt THE NUMBER OF THE BEAST eine der stilprägendsten und durch Video und Artwork, aber auch fundamental-kirchliche Warnschriften eine der am breitesten rezipierten Adaptionen okkulter Ikonographien im Heavy Metal dar. Heute zählt das Lied zu den populärsten und am meisten verkauften "Hits" des Heavy Metal weltweit.

I. Entstehungsgeschichte
THE NUMBER OF THE BEAST wurde als Titeltrack des dritten Albums Iron Maidens am 29. März 1982 über EMI Records (bzw. Capitol in den USA) veröffentlicht. Autor des Songs und seines für die narrative Motivik des Heavy Metal stilbildenden Textes ist Bassist und Bandleader Steve Harris. Geschildert wird eine nächtliche schauerhafte Begegnung mit dem Teufel, eingeleitet durch Bibelzitate (Offb 12, 12 und Offb 13,18) und inszeniert im Rekurs auf die Ästhetik des zeitgenössischen Horrorkinos und der Schauerliteratur des 19. Jahrhunderts.
Das von Martin Birch in den Londoner Battery Studios produzierte THE NUMBER OF THE BEAST stellt zugleich das erste Album der Band mit Sänger Bruce Dickinson dar, dessen Stimme in den folgenden Jahren maßgeblichen Anteil am weltweiten Siegeszug Iron Maidens hatte. Aufgrund der hohen Popularität des Songs und des großen kommerziellen Erfolgs der Band, wurde der Song am 26. April 1982 als zweite Singleauskopplung des Albums erneut veröffentlicht. Als stilprägend erwies sich dabei das die Single begleitende Musikvideo mit seiner Friedhofs- und Horrorfilmästhetik. Auf späteren Iron Maiden-Livealben und Best-of-Compilations wurde THE NUMBER OF THE BEAST viele weitere Male wiederveröffentlicht.

II. Kontext
Iron Maiden wurden 1975 vom damals 19-jährigen Bassisten Steve Harris in Leyton im Londoner East End gegründet (vgl. zum Entstehungskontext der Band ausführlich Mader 2010: 10–15, Wall 2005: 7–21). Wie auf zahlreiche andere junge britische Musiker der Zeit übten einerseits die Virtuosität des progressiven Hard Rock der 1970er-Jahre mit Bands wie Jethro Tull, Deep Purple oder Wishbone Ash und andererseits die Energie und Rohheit der gerade einsetzende Punkbewegung einen hohen Einfluss auf Harris aus. Aus traditionellen englischen Arbeitermilieus stammend, existierten auch Verbindungen zur Londoner Skinheadszene, besonders beim späteren Gitarristen Dave Murray. Die Entscheidung für den Bandnamen Iron Maiden erfolgte – wie bei vielen anderen Bands der englischen Proto-Heavy-Metal-Szene auch – in Anlehnung an das zeitgenössische Kino. So inspirierte ein Foltergerät aus der Dumas-Verfilmung The Man in the Iron Mask (USA 1939, Regie: James Whale) Harris in seiner Namenswahl (Wall 2005: 16). In diesen Verbindungen von Hard Rock, Progressive Rock, Punk, Skinheadszene und englischer Arbeiterkultur stand Iron Maiden archetypisch für die Vertreter einer neuen britischen Musikszene, die ab 1979 unter der Bezeichnung "New Wave of British Heavy Metal" zur Wiege des Genres Heavy Metal avancieren sollte.
Trotz verschiedener Line-Up-Wechsel konnten sich Iron Maiden bald einen guten Ruf in der Londoner Pub-Szene erspielen. Das Repertoire bestand dabei zu einem großen Teil aus Coverversionen von Hard-Rock-Bands wie Black Sabbath, Judas Priest oder Deep Purple. Mit dem Einstieg des Sängers Paul diAnno und des Gitarristen Dave Murray konsolidierte sich Iron Maidens Line-Up im Jahr 1978. Gerade die raue Stimme des Punks diAnno und dessen energische Bühnenpräsenz in Verbindung mit Dave Murrays technisch beeindruckendem Gitarrenspiel sorgten für einen sprunghaften Popularitätsschub der Gruppe in der regionalen Szene. Die ersten Studioaufnahmen im Jahr 1979 (Soundhouse Tapes) führten sofort zu einem Plattenvertrag mit dem Majorlabel EMI, das das selbstbetitelte Debütalbum Iron Maiden, den Nachfolger Killers und 1982 schließlich auch The Number of the Beast in weltweitem Rahmen veröffentlichte. Auf Tourneen im Vorprogramm von Hardrock-Veteranen wie Judas Priest präsentierte sich die Band einem breiten Publikum.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung von The Number of the Beast hatte sich die Musiklandschaft Großbritanniens vor dem Hintergrund des herrschenden politischen Klimas der frühen Thatcher-Ära dramatisch verändert. Die großen Hardrock-Bands der 1970er-Jahre wie Black Sabbath, Pink Floyd oder Led Zeppelin hatten durch verschiedene neue Independent-Szenen massive Konkurrenz erhalten. Im Besonderen konnte die Punkbewegung mit ihrem radikalen Do-it-yourself-Ansatz die Produktion und Vermarktung von Musik revolutionieren. Von dieser neuen Unabhängigkeit von der kommerziellen Macht der etablierten Plattenkonzerne ließen sich zwischen 1977 und 1983 zahlreiche englische Amateurbands beeinflussen. Sie begannen, die Virtuosität des 1970er-Hardrock mit der Energie und der Ideologie des Punk zu vermischen. Neben Iron Maiden zählen zu den erfolgreichsten Vertretern dieser musikalischen Graswurzelbewegung Gruppen wie Saxon, Def Leppard oder Diamond Head, die sich über zahllose Konzerte in regionalen Pubs und Clubs bald zu vernetzen begannen.
Die Bands profitierten dabei von den gesellschaftlichen Unruhen im England der späten 1970er-Jahre. Landesweite Streiks im Winter 1978/1979 hatten auch die großen Medienanstalten Englands ergriffen. Dies führte dazu, dass die etablierten Plattenkonzerne auf die Unterstützung der Radiostationen verzichten mussten, um ihre Künstler zu vermarkten. In dieses kurzzeitige Vakuum konnten die unabhängigen Bands, die über den Vorteil einer breiten Fanbasis und eigener Verbreitungsnetzwerke ohne Radio- und Medienunterstützung verfügten, stoßen. So tauchte ab 1978 eine ungewöhnliche Zahl junger, semiprofessioneller Rockgruppen zwischen den etablierten Pop-Größen in den britischen Charts auf (Roccor 1998: 46-47). Dies lenkte wiederum die Aufmerksamkeit von Presse und Plattenfirmen auf diese neuen Bands. Im Jahr 1979 wurde so auch das britische Sounds-Magazin auf die neue Szene aufmerksam und verhalf ihr mit dem Schlagwort "New Wave of British Heavy Metal" (NWOBHM) zu ihrem Namen. Aus den einzelnen regionalen Hard Rock-, Heavy Rock- und Acid Rock-Bands Englands begann sich nun unter dieser neuen Genrezeichnung "Heavy Metal" eine landesweite Szene zu formieren, die schnell (vor allem über Holland) nach Europa und in die USA ausstrahlte, wo Bands wie Queensryche in den USA oder Helloween in Deutschland die britischen Einflüsse aufgriffen und Heavy Metal zu einem weltweiten Phänomen machten.
Nur kurz vor den Aufnahmen zu The Number of the Beast im Winter 1981 hatten sich Iron Maiden von ihrem bisherigen Sänger Paul diAnno getrennt. Mit Bruce Dickinson (ex-Samson) als neuem Sänger strebte die Band den nächsten kommerziellen und künstlerischen Schritt in der Karriereleiter an. Die dramatisch-opernhafte Stimme Dickinsons ermöglichte der Band eine fast vollständige Lösung von ihren Punkwurzeln. Die raue, unmelodische Stimme diAnnos hatte es nicht mehr vermocht, die immer komplexeren, epischeren Kompositionen Iron Maidens mit ihren filigranen Gitarren- und Basspartien adäquat zu komplettieren. Bruce Dickinson verfügte hingegen sowohl über die herausragenden technischen Fähigkeiten, um mit seiner Stimme die dramatischen Songs auf ein neues Level zu heben, als auch über die für weltweite Tourneen nötige Professionalität.
THE NUMBER OF THE BEAST steht damit paradigmatisch an der Schnittstelle zwischen dem regionalen Partikularismus der frühen unabhängigen englischen Proto-Heavy-Metal-Bands der späten 1970er-Jahre und dem globalen Siegeszug des neuen Genres "Heavy Metal" zu Beginn der 1980er-Jahre. Dies gilt nicht nur in Hinblick auf die Professionalisierung und Kommerzialisierung der Vertreter des neuen Genres, sondern vor allem auch, was die musikalische und ästhetische Kristallisierung der stilprägenden Bands betrifft (vgl. Christe 2004: 81-85, McMillan 2005: 311-312, Wall 2005: 4-5).

III. Analyse
THE NUMBER OF THE BEAST dauert 4:49 Minuten und folgt vertrauten Strophe-Refrain-Bridge-Schemata mit Heavy-Metal-typischen Formteilen wie zweistimmigen Gitarrenbreaks und Soli. Als ungewöhnlich sind hingegen die rhythmische Struktur und die Heavy-Metal-untypische Dur-Harmonik des Songs zu bewerten.
Als Intro leitet ein 24-sekündiger vom Schauspieler Barry Clayton im Stile des Horrorfilmstars Vincent Price (1911–1993) gesprochener Text aus der Offenbarung des Johannes den Song atmosphärisch ein. Unmittelbar darauf beginnt das von Bass und Gitarre getragene Grundriff (A), das den kompletten Song, in den Strophen rhythmisch variierend, trägt und zusammenhält. Mit dem Riff setzt fanfarenhaft auch Dickinsons Gesang ein, bevor ab der Wiederholung die HiHat den ternären Puls der verzerrten , mit Phaser-Effekten überlegten Gitarren und Harris' gezupftem Bass akzentuiert. Das im Riff vorgegebene hohe Tempo von 198 BPM wird während des gesamten Stücks beibehalten. Unmittelbar fällt die im Heavy-Metal-Kontext außergewöhliche Rhythmik des Einstiegsriffs auf. Der ternäre Puls des Riffs mit seinen durchgehenden Achteln wird mit einem rocktypischen binären Puls gespielt. Die kontrastierende Wirkung von Taktart und Puls bringt die Band in Einklang, indem 4/4-Takte mit 6/4-Takten abwechseln, wodurch die gegenläufigen Akzentuierungen de facto in einem 10/8-Zyklus aufgelöst werden. Die Wirkung dieses rhythmischen Kunstgriffs erweist sich als außergewöhnlich effizient. Die im Text vermittelte Panik korrespondiert kongenial mit dem gehetzten Feeling der Musik.
Als ungewöhnlich erweist sich auch die Harmonik von THE NUMBER OF THE BEAST. Wenngleich das Stück strikt in G-Dur gehalten ist und in den Rhythmus- und Melodieparts der Gitarren fast ausschließlich leitereigene Töne Verwendung finden, bildet die Dominante D-Dur den zentralen Akkord des Songs. Die Tonika G-Dur schafft nur einen kurzen Ruhepunkt im Refrain, wohingegen die treibenden Strophen konsequent der dramatischen Spannung der Dominante unterworfen sind. Besonders deutlich wird dies im prägenden Einstiegs- und Strophenriff, dessen konsequentes Achtel-Ostinato die leicht gedämpft gespielten Gitarren stets über die Subdominante C-Dur zurück zu D-Dur führt und so die Dramatik des Textes beständig unterstreicht.
Nach zwei Durchgängen wird das alternierende 4/4–6/4-Schema des Einstiegsriffs in einem Break im 3/4-Takt (Formteil B) mit vier Stakkato-Snaredrum-Achtel-Abschlägen und einem langgezogenen, sirenenhaften Trademark-Schrei Dickinsons aufgelöst. Das Akkordschema V – IV – V bleibt dabei erhalten.
Dies gilt auch für die nun einsetzende Strophe (Formteil C), die eine mit Powerchords und energischem Drumming vorgetragene Variation des Introriffs bildet. Darüber erzählt Bruce Dickinson mit dramatischem Vortrag die Schauergeschichte einer nächtlichen Begegnung mit dem Bösen. Die entscheidende Variation zum Introriff findet sich in der Rhythmik der Strophe, die nun ausschließlich im 4/4-Takt vorgetragen wird. Das Drumming betont dabei unisono mit dem Bass die konsequent durchgehaltenen Achteln des Riffs. Erst im Refrain (Formteil D), der bei 1:50 unvermittelt an die Strophe anschließt, wird mit dem Achtel-Ostinato des Grundriffs gebrochen. Hier erklingt zum ersten Mal auch die Tonika G-Dur – wenngleich nur kurz und sofort zurück zu D-Dur überleitend. Ein weiterer unveränderter Strophen-Refrain-Zyklus (C+D) folgt, bevor eine von Gitarrenleads dominierte Bridge (E) das erste Solo (F) einleitet. Der zugrundeliegende Rhythmus der konsequent in Bass und Gitarre durchgespielten Achtel bleibt beharrlich unangetastet. Ein kurzes von beiden Gitarren und Bass unisono vorgetragenes Break (G) lässt die Einflüsse von Bands wie Thin Lizzy oder Wishbone Ash auf Iron Maiden aufblitzen und leitet in das zweite Gitarrensolo (F) über, das über Formteil E in ein Bass-Solo mündet. Unmittelbar daran schließen Strophe und Refrain an, die bei der zweiten Wiederholung die alternierende 4/4- und 6/4-Struktur des Introriffs aufgreifen. Mit der Wiederholung des Anfangsbreaks B endet das Lied.

Nicht nur die hektische, aber dennoch energisch vorwärtspreschende Grundrhythmik des Songs mit seinen blitzschnellen Gitarrensoli, fulminanten Basslinien und dem dramatischen Gesang Dickinsons sowie die unaufgelöste harmonische Spannung in Form der prägenden Dominante, sondern vor allem auch die Einleitung über das gesprochene apokalyptische Zitat trägt zur energiegeladenen, ominösen Atmosphäre des Songs bei. Die Lyrics erzählen aus einer Ich-Perspektive vom Schrecken einer nächtlichen Horrorvision (Walser 1993: 151-155). Der Protagonist stößt auf eine schwarze Messe, die im Stil Joris Karl Huysmans' Là-Bas (1891) gezeichnet wird. Eine Anhäufung von Reizbildern ("The night was black", "hell and fire", "ritual has begun", "sacrifice", "Satan", "dark figures") vermittelt dem Hörer das okkulte Geschehen frontal und ohne doppelten Boden. Die teils holprigen Verse (z.B. "This can't go on I must inform the law. Can this still be real or some crazy dream?") ändern nichts an der hohen Prägnanz der Melodien, die im sloganhaft deklamierten Refrain "666 – The Number of the Beast" ihren plakativen Höhepunkt finden. Die für Hörer leicht nachzuvollziehenden, teils fast fröhlich anmutenden Gesangslinien des konsequent in Dur-Akkorden gehaltenen Songs stehen nicht in Kontrast zur sinistren Grundstimmung des Liedes. Durch alle Strophen bleibt die Frage, ob der Protagonist Zeuge einer realen Schwarzen Messe wird oder sich die nächtlichen Schrecken letztlich als Traumvision entpuppen. Einen direkten Einfluss auf den Text findet man im Okkultthriller Damien:Omen II (USA 1978, Regie: Don Taylor) sowie in Robert Burns (1759–1796) Gedicht Tam O‘Shanter von 1790, das die nächtliche Begegnung des Protagonisten Tam mit dem Teufel auf dem Friedhof von Alloway Kirk schildert (vgl. Wall 2005: 169-175). Das Schwanken der Erzählung zwischen der Faszination für das Böse und dem empfundenen Grauen des Erzählers kann dabei als archetypisch für die dialektische Auseinandersetzung des Heavy Metal mit dem Diabolischen betrachtet werden – ein Spiel, das in den verwischten Linien zwischen okkult-satanischer Künstleridentität und privater Identität von zahlreichen Heavy-Metal-Gruppen genüsslich und imagefördernd bis in die Gegenwart weiterverfolgt wird.

IV. Rezeption
Mit der Veröffentlichung von THE NUMBER OF THE BEAST schafften es Iron Maiden nicht nur sofort an die Spitze der britischen Charts, sondern erreichten auch den Durchbruch zu den ersten Superstars der neuen globalen Heavy-Metal-Szene. Das erste Album nach dem Sängerwechsel erwies sich damit bereits unmittelbar nach seinem Release als überragender kommerzieller Erfolg und genredefinierende Referenzplatte. Dies gilt für die musikalischen, aber auch für die textlichen und ikonographisch-ästhetischen Aspekte, etwa Derek Riggs ikonisches Coverartwork mit dem skelettartigen "Eddie", dem Maskottchen der Band. Bis heute wurde allein die Albumversion von THE NUMBER OF THE BEAST weltweit rund 14 Millionen Mal verkauft (vgl. eine ausführliche Liste hier). Zahllose Best-of-Listen etablierter Musikmagazine und Kritiker führen den Song auf. Höchsten musikalischen Einfluss übte THE NUMBER OF THE BEAST vor allem auf die entstehende US-amerikanische Heavy-Szene aus, wo Iron Maiden im Rahmen ihrer umfassenden Welttournee live auftraten. Wurde der Markt härterer Rockmusik wie im England der späten 1970er-Jahre auch in den USA von den etablierten Superstars der 1970er und der jungen Punkszene dominiert, war mit dem weltweiten Erfolg von Iron Maiden zu beobachten, wie sich auch hier unter der Genrebezeichnung Heavy Metal die neue Szene zu formieren begann. Bands wie Jag Panzer, Queensryche oder Heir Apparent entwickelten unter dem maßgeblichen Einfluss von THE NUMBER OF THE BEAST eine neue, dramatisch-virtuose Spielart harter Rockmusik, welche die technische Souveränität Iron Maidens mit ihren typisch epischen Songstrukturen nahezu unverändert adaptierte und so das Genre Heavy Metal stilistisch nun auch in den USA etablierte. Andere Bands wie Metallica oder Slayer führten die komplexen Songstrukturen Iron Maidens in einen noch schnelleren und aggressiveren Stil über, aus dem sich ab 1983/1984 von regionalen Zentren in San Francisco und New York aus der Thrash Metal entwickelte.
Die große Bedeutung von THE NUMBER OF THE BEAST spiegelt sich auch in zahllosen Coverversionen wider, die sich in nahezu allen Genres der Rockmusik finden (vgl. eine ausführliche Liste hier). Bekannte Adaptionen im Heavy-Metal-Bereicht stammen unter anderem von Iced Earth, Angra, Sinergy oder der Progressive-Metal-Band Dream Theater, die bei einer Live-Show das komplette The Number of the Beast-Album coverten und später auf CD veröffentlichten. Die Adaptionen sind dabei meist sehr werkgetreu und lediglich den stilistischen Grenzen des jeweiligen Subgenres angepasst, etwa bei Avulsed's Death-Metal-Version des Songs mit Blast-Beat-Drumming und gegrunzten Vocals oder der symphonischen Black-Metal-Version der Norweger Malignant Eternal. Interessante Coverversionen aus dem Independent-Bereich stammen von der Band Zwan um den ex-Smashing-Pumpkins-Musiker Billy Corgan, der das energische THE NUMBER OF THE BEAST als sanfte Akustikballade völlig neu interpretiert, oder von The Frankenburies mit ihrer Psychobilly-/Punk-Adaption des Songs. Die anspruchsvollen Instrumentalparts und dramatischen Harmonien des Songs eignen sich auch gut für spektakuläre Interpretationen auf klassischen Instrumenten. Aufnahmen von NUMBER OF THE BEAST durch Streichquartette und Pianisten wurden über Vitamin Records veröffentlicht. In der genreoffenen breiten Popmusik finden sich inzwischen verschiedenste Interpretationen des Songs von Elektro (Hans Platzgumer) über Industrial (The Electric Hellfire Club) bis hin zum finnischen Klingelton-Hit, gesungen von einem animierten Eichhörnchen (Pikku-Orava). Die Grenze zur Persiflage des Songs und seines plakativen Textes wird dabei nicht selten überschritten. So gibt der in der Heavy-Metal-Szene als Kuriosität beliebte Mambo Kurt auf seiner CD Sun of a Beach eine schräge Heimorgel-Version von NUMBER OF THE BEAST zum Besten.
Verschiedene Videospiele und Kinofilme nutzten den Song im Soundtrack, etwa die Filme Spun und Mord nach Plan, oder die Videospiele Tony Hawk's Pro Skater und Guitar Hero III: Legends of Rock. Das Coverartwork des Albums, das Iron Maidens Maskottchen, den skelettartigen "Eddie", größer als den Teufel zeigt, wurde z.B. von der New Yorker Hardcore-Band S.O.D. persifliert. Hinter dem Teufel und Iron Maidens "Eddie" erhebt sich – noch größer – S.O.D.s eigenes Maskottchen "Sergeant D.".
Ein großer Teil der Faszination für den Song THE NUMBER OF THE BEAST liegt in seiner bahnbrechenden okkulten Atmosphäre und seinem Spiel mit satanischen Bildern begründet, das sich vom Coverartwork über das biblische Einleitungszitat des Liedes bis hin zum blutrünstigen Cover, das Bandmaskottchen "Eddie" mit dem abgeschlagenen Kopf des Teufels zeigt, zieht. Zur sinistren Popularität des Songs trugen dabei auch die Kritiker der Band maßgeblich bei: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sahen sich Iron Maiden wegen des Songs starken Anfeindungen fundamental-christlicher Kreise ausgesetzt, die im Text satanistische Propaganda zu erkennen glaubten (vgl. ausführlich Christe 2004: 130, Wehrli 2005: 82-88). Der amerikanische Teil der begleitenden "Beast on the Road"-Tour von 1982/1983 wurde von Boykottaufrufen und Protesten begleitet. Dies steigerte wiederum die Popularität der Band bei ihren Anhängern und führte zugleich zu einer Diffusion der von der Band genutzten okkulten Bilder in den kulturellen Mainstream. Besonders die Verbreitung der Zahl "666" als satanistisch codierte Zahl geht zu einem großen Teil auf THE NUMBER OF THE BEAST zurück. Dass es sich bei THE NUMBER OF THE BEAST keineswegs um ein satanistisches Credo handelte, sondern einen Versuch, den Hörer gleich einem Horrorfilm schauerlich zu unterhalten, muss nicht eigens diskutiert werden. Zahlreiche Interviews mit Bandmitgliedern belegen dies genauso wie das Video zum Song mit seinen dem Horrorkino entnommenen Passagen. Die Pionierrolle von THE NUMBER OF THE BEAST als ein für die spielerisch-okkulte Ikonographie des Heavy Metal wegweisender Song bleibt dadurch freilich unangetastet.

MANUEL TRUMMER (Dezember 2011)

 

Credits
Stimme: Bruce Dickinson
Gitarre: Dave Murray
Gitarre: Adrian Smith
Bass: Steve Harris
Schlagzeug: Clive Burr
Text und Musik: Steve Harris
Produktion, Aufnahme und Mix: Martin Birch
Aufnahme: Dezember 1981 bis Februar 1982
Veröffentlichung: 29. März 1982 (Album Version)
Länge: 4:49 (Album Version)

 

Recordings (weitere)

  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: The Number of the Beast, 1982, EMI, EMC3400, UK Erstauflage (LP/Album).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: The Number of the Beast, 1998, EMI, 724349691803, Deutschland (CD/Album).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: The Number of the Beast/Remember Tomorrow (live), 1982, EMI, EMI 5287, UK Erstauflage, rotes Vinyl (7"/Single).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast" (live). Auf: Powerslave – Beastial Reissue, 1995, Castle, 106-2, USA (2CD/Album).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: Live after Death, 1985, EMI, RIP 1, UK (2LP/Live-Album).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: A Real Dead One, 1993, EMI, 77778924821, UK (CD/Live-Album).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: Live at Donington 1992, 1993, EMI, DON 1, UK (3LP/Live-Album).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: Best of the Beast, 1996, EMI, EMDX 1097, UK (4LP/Album).

 

Covers (weitere)

  • Angra. "The Number of the Beast". Auf: Rebirth World Tour – Live in Sao Paulo, 2003, NTS, 3083202, Frankreich (2CD/Live-Album).
  • Sinergy. "The Number of the Beast". Auf: A Tribute to the Beast, 2002, Nuclear Blast, NB-666-2, Deutschland (CD/Tribute-Album).
  • Malignant Eternal. "The Number of the Beast". Auf: 20th Century Beast, 1998, Napalm Records, NPR048, Norwegen (CD/EP).
  • Zwan. "The Number of the Beast". Auf: Honestly, 2003, Reprise Records, W600, USA Erstauflage (7"/Single).
  • Dream Theater. "The Number of the Beast". Auf: The Number of the Beast. Official Bootleg, 2005, YTSEJAM, 008 Z, USA Erstauflage (CD/Album).
  • Avulsed. "The Number of the Beast". Auf: Seven Years of Decay / Bloodcovered, 1999, Metal Age Productions, 8586009500397, Spanien (2CD/Album).
  • The Frankenburies. "The Number of the Beast". Auf: Devil‘s Punchbowl, 2007, Northeast Records, USA (CD/Album).
  • Scott Lavender. "The Number of the Beast". Auf: The Piano Tribute to Iron Maiden, 2005, Vitamin Records, CD8918, USA (CD/Tribute-Album).
  • The String Quartet Tribute to Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: Anatomy of Evil, 2003, Vitamin Records, B0000BWVNY, USA (CD/Album).
  • Hans Platzgumer. "The Number of the Beast". Auf: Powerslaves – An Elektro Tribute to Iron Maiden, 2003, Angelmaker Records, AMR00:012, Holland (CD/Album).
  • The Electric Hellfire Club. "The Number of the Beast". Auf: Witness the Millennium, 2000, Deadline, CLP08712, USA (CD/Album).
  • Pikku-Orava. "The Number of the Beast". Auf: Uusi Seedee, 2006, EMI, 0946 37561607, Finnland (CD/Album).
  • Mambo Kurt. "The Number of the Beast". Auf: Sun of a Beach, 2004, Indigo, SUMO-044-2, Deutschland (CD/Live-Album).

 

Filme

  • The Man in the Iron Mask, USA 1939, Regie: James Whale.
  • Spun. USA 2002, Regie: Jonas Akerlund.
  • Murder by Numbers. USA 2003, Regie: Barbet Schroeder.
  • Damien:Omen II, USA 1978, Regie: Don Taylor.

 

Musikvideo

  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: Video Pieces, 1983, EMI, PMI-MVS 9900022, UK (VHS/Video).
  • Iron Maiden. "The Number of the Beast". Auf: Raising Hell, 2000, EMI, SEG-BMG-72333-8091-9-NTSC, USA (DVD/Video).

 

Videospielsoundtracks mit THE NUMBER OF THE BEAST

  • Ed Hunter. EMI 1999.
  • Tony Hawks Pro Skater 4. Activision 2002.
  • Guitar Hero III: Legends of Rock. Activision 2007.
  • Rock Band. MTV Games 2007.

 

References

  • Christe, Ian: Höllen-Lärm. Die komplette, schonungslose, einzigartige Geschichte des Heavy Metal [übersetzt von Conny Lösch]. Höfen: Hannibal 2004.
  • Gamba, Marco / Visintini, Nicola: Iron Maiden Companion. Genua: Moving Media & Arts 2001.
  • MacMillan, Malc[olm]: The N.W.O.B.H.M. Encyclopedia. Berlin: Iron Pages 2. Aufl. 2005.
  • Mader, Matthias: Burning Ambition – Das Iron Maiden Fanbuch. Berlin: Iron Pages 2. Aufl. 2010.
  • Moore, Ryan M.: The Unmaking of the English Working Class: Deindustrialization, Reification and the Origins of Heavy Metal. In: Heavy Metal in Britain. Hg. von Gerd Bayer. London: Ashgate 2009, S. 143–160.
  • Roccor, Bettina: Heavy Metal. Die Bands. Die Fans. Die Gegner. München: Beck 1998.
  • Trummer, Manuel: Sympathy for the Devil? Transformationen und Erscheinungsformen der Traditionsfigur Teufel in der Rockmusik. Münster/New York/München/Berlin: Waxmann 2011.
  • Trummer, Manuel: "Hard Rock Hallelujah". Heavy Metal und Religion. In: Rock Hard 295 (Dezember 2011), S. 66–72.
  • Trummer, Manuel: Wie Satan salonfähig wurde. Die Figur des Teufels in der Rockmusik als Indikator und Gegenstand traditionaler Prozesse der Gegenwart. In: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 56 (2011), S. 147-165.
  • Trummer, Manuel: Götze, Narr, Schreckgestalt. Der Teufel und das Teuflische in Rockmusik und Heavy Metal. In: Metal Matters. Heavy Metal als Kultur und Welt. Hg. von Rolf Nohr und Herbert Schwaab. Münster: LIT 2011, S. 405-417.
  • Wall, Mick: Run to the Hills: Die offizielle Biographie von Iron Maiden [Übersetzt von Klaas Ilse]. Berlin: Iron Pages 2005.
  • Walser, Robert: Running with the Devil. Power, Gender, and Madness in Heavy Metal Music. Middletown: Wesleyan University Press 1993.
  • Wehrli, Reto: Verteufelter Heavy Metal. Forderungen nach Musikzensur zwischen christlichem Fundamentalismus und staatlichem Jugendschutz. Münster: Telos 2005.

 

Links

  • Homepage: Iron Maiden. Official Homepage. http://www.ironmaiden.com/ [11. Dezember 2011].
     




-- -- -- -- -- -- -- -- -- -- -- --

top

 
 

 

zuletzt verändert: 31.01.2012 09:23
 

Sitemap | Impressum | webadmin@dva.uni-freiburg.deIntranet