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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-405892
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.40589
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 31 Juli 2019 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Peter Angele |
Tag der Prüfung: | 31 Juli 2019 |
Institutionen: | Medizin > Lehrstuhl für Unfallchirurgie |
Stichwörter / Keywords: | Polytrauma, Traumanetzwerk, Transportmittel, Überregionales Traumazentrum, Regionales Traumazentrum, Lokales Traumazentrum, Patientenverteilung |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 40589 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Die bestmögliche Versorgung polytraumatisierter Patienten ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Inzidenz schwerer Verletzungen bei typischerweise relativ jungen Patienten mit einer hohen Rate an posttraumatischen Behinderungen und mit konsekutiv großen sozioökonomischen Folgekosten von enormer Bedeutung. Um die Versorgung dieser Patienten zu verbessern, Kosten zu senken und insbesondere ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Die bestmögliche Versorgung polytraumatisierter Patienten ist insbesondere vor dem Hintergrund der hohen Inzidenz schwerer Verletzungen bei typischerweise relativ jungen Patienten mit einer hohen Rate an posttraumatischen Behinderungen und mit konsekutiv großen sozioökonomischen Folgekosten von enormer Bedeutung.
Um die Versorgung dieser Patienten zu verbessern, Kosten zu senken und insbesondere knappe Ressourcen optimal zu nutzen, wurde im Jahr 2006 das Weißbuch der Schwerverletzenversorgung publiziert und 2008 das deutschlandweit erste TraumaNetzwerk in Ostbayern (TNO) zertifiziert. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine klaren Richtlinien, in welche Klinik ein schwer verletzter Patient einzuliefern sei.
Diese Arbeit untersucht erstmalig den Einfluss der TraumaNetzwerkinitiative auf die initiale Verteilung der Patienten auf die unterschiedlichen Versorgungsstufen bezogen auf den Patiententransport.
Hierzu wurden durch drei Doktorandinnen in allen 25 Kliniken, die Teil des TraumaNetzwerkes Ostbayern waren, Daten von polytraumatisierten Patienten mit einem ISS >15, die im Zeitraum 01.01.2006-31.12.2007 verunglückten, anhand des QM- Erhebungsbogens des TraumaRegisters erhoben. Diese Daten wurden mit denen aus dem Zeitraum nach Einführung des TNO (01.01.2010-31.12.2011) verglichen. Die Daten hierfür lagen bereits im TraumaRegister vor und sind durch die Kliniken selbst eingegeben worden.
Zur Auswertung lagen nach Anwendung der Ein- und Ausschlußkriterien 1446 Datensätze vor. Das Patientenkollektiv war überwiegend männlich mit einem durchschnittlichen Alter von 45 Jahren. Verkehrsunfälle waren die hauptsächliche Traumaursache und es lagen fast ausschließlich stumpfe Traumata vor. Das Transportmittel der Patienten war vor TNO in 62,6% bodengebunden. Dieser Anteil nahm nach TNO aus nicht sicher zu erklärenden Gründen signifikant auf 71,4% zu.
Bei einem durchschnittlichen ISS von 28,9 Punkten und einer Überlebenswahrscheinlichkeit (nach RISC) von 78,08% wurde eine Letalität von 18% beobachtet. Bei in etwa gleich bleibender Letalität und Überlebenswahrscheinlichkeit sank der durchschnittliche ISS-Wert nach Einführung des TNO signifikant um 3,9 Punkte (NISS -3,8 Punkte).
Vor Einführung des TNO wurden durch den bodengebundenen Notarzt 19,5% aller Patienten in ein überregionales TraumaZentrum (ÜTZ), 56,5% in ein regionales TraumaZentrum (RTZ) und 24,0% in ein lokales TraumaZentrum (LTZ) eingeliefert. Nach Einführung des TNO konnte ein deutlicher Shift weg von den ÜTZ und noch stärker von den LTZ hin zu den RTZ beobachtet werden (ÜTZ nun 13,3%; RTZ 74,7%; LTZ 12,0%). Der RTH brachte vor TNO 57,7% seiner Patienten in ÜTZ und 42,3% in RTZ. Nach TNO waren es in den ÜTZ noch 38,5% und in den RTZ 61,0% (LTZ 0,5%).
Trotz eines sehr deutlichen Shifts bei beiden Transportmitteln hin zu den RTZ (jeweils mehr als 18% mehr Patienten) kann dennoch beobachtet werden, dass der RTH im Vergleich zum bodengebunden Notarzt seine Patienten deutlich häufiger in ein ÜTZ verbringt.
In der genauen Betrachtung der Patientenverteilung nach bestimmten Patientengruppen fiel auf, dass insbesondere Patienten mit schweren SHT ́s und einem hohen AIS in der Kopf- oder Thoraxregion vermehrt in die RTZ transportiert wurden. Auch Patienten mit hohen AIS-Werten in mehr als zwei Körperregionen wurden durch den bodengebundenen Notarzt vermehrt in ein RTZ transportiert. Luftgebunden zeigte sich keine signifikante Änderung. Hier betrug der Anteil von ÜTZ zu RTZ etwa 50%/50%. Insgesamt waren die Änderungen bei den bodengebundenen Notärzten ausgeprägter als bei den luftgebundenen Notärzten.
Trotz deutlichem Shift hin zu den RTZ bleibt festzustellen, dass mit steigendem (N)ISS- Wert und fallender Überlebenswahrscheinlichkeit nach RISC die Wahrscheinlichkeit für einen Transport zu einem ÜTZ zunahm. Auch Patienten, die sich im Schock befanden und per RTH transportiert wurden, haben nach TNO eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, in ein ÜTZ verbracht zu werden.
Das Outcome der Patienten, insbesondere die SMR als risikoadjustierte Mortalität, zeigte weder signifikante Vor- noch Nachteile durch die Einführung des TNO. Eine über alle Level hinweg in etwa identische SMR zeigt jedoch, dass ein niedrigeres Level für die dorthin transportierten Patienten keinen Nachteil darstellt. Eine Änderung in der Weiterverlegungsquote der Patienten nach TNO war weder nominell stark ausgeprägt noch signifikant und ist vor allem durch Weiterverlegungen von den lokalen TraumaZentren aus bedingt (48,2% der Patienten des Boden-NA nach TNO wurden innerhalb von 24 Stunden aus einem LTZ verlegt).
Die hier durchgeführte Arbeit zeigt deutliche Veränderungen im Zuweisungsverhalten von Notärzten durch das TNO, vor allem in Hinblick auf eine Verschiebung der Patienten weg von den ÜTZ und LTZ hin zu den RTZ. Spezielle Patientengruppen werden jedoch jetzt vermehrt auch direkt in ein ÜTZ transportiert. Gerade im Hinblick auf die regionalen Besonderheiten - Ostbayern als Flächenstaat mit dünn besiedelten Gebieten und nur 2 ÜTZ in Regensburg - ist eine flächendeckende, ressourcenschonende und vor allem zügig verfügbare, adäquate Polytraumaversorgung unabdingbar. In Bezug auf diese Kriterien zeigt sich durch die Zunahme der Patientenzuweisungen zu einem RTZ (und deutlicher Rückgang der Zuweisungen zu den LTZ) ein deutlicher Einfluss des Netzwerkgedankens. Die Frage ob sich diese Änderungen auch auf das individuelle Outcome der Patienten auswirkt, konnte nicht hinreichend beantwortet werden. Hierzu sind weitere Untersuchungen vonnöten.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The best possible care for seriously injured patients is enormously important especially in view of the high rates of post-traumatic disability among young patients and therefore resulting high socioeconomic costs. In order to improve the care of these patients, to reduce costs and particularly make the best use of scarce resources, the ‚Weißbuch der Schwerverletztenversorgung‘ was published in ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The best possible care for seriously injured patients is enormously important especially in view of the high rates of post-traumatic disability among young patients and therefore resulting high socioeconomic costs.
In order to improve the care of these patients, to reduce costs and particularly make the best use of scarce resources, the ‚Weißbuch der Schwerverletztenversorgung‘ was published in 2006. In 2008 the nationwide first Trauma Network (TraumaNetzwerk Ostbayern, TNO) was certified. Until then, there were no guidelines to which clinic a severely injured patient should be taken.
For the first time, this study examines the influence of TNO on the initial distribution of patients to the different hospital care levels. Data from severely injured patients with an ISS > 15 were collected by three doctoral candidates in all 25 hospitals that were part of the TNO. The observation period was 01.01.2006-31.12.2007 and the data was collected by using the QM survey sheet of the TraumaRegister. These data were compared with those from the period after the introduction of TNO (01.01.2010-31.12.2011).
1446 data records were available after applying the inclusion and exclusion criteria. The patient population was predominantly male with an average age of 45 years. Traffic accidents were the main cause of trauma and there were mainly blunt traumas. The patient's transport was ground-based prior to TNO in 62.6%. After the implementation of the TNO, this share increased significantly to 71.4% for reasons that can not be explained.
At an average ISS of 28.9 points and a survival probability (according to RISC) of 78.08%, a lethality of 18% was observed. With approximately the same lethality and survival probability, the average ISS value dropped significantly by 3.9 points after the TNO was introduced (NISS -3.8 points).
Before TNO was introduced, 19.5% of all patients were admitted to a Level one trauma center (ÜTZ), 56.5% to a regional trauma center (RTZ) and 24.0% to a local trauma center (LTZ). Following the introduction of the TNO, a clear shift away from the ÜTZ and from the LTZ to the RTZ could be observed (ÜTZ now 13.3%, RTZ 74.7%, LTZ 12.0%). Before TNO rescue helicopters delivered 57.7% of its patients to ÜTZ and 42.3% to RTZ. After TNO, it was still 38.5% in the ÜTZ and 61.0% in the RTZ (LTZ 0.5%).
Despite a very clear shift in both means of transport to the RTZ (in each case more than 18% more patients), it can still be observed that the helicopter transports its patients considerably more frequently into an ÜTZ, in comparison to the ground-based ambulance.
A closer look at the distribution of patients according to specific patient groups revealed that especially patients with severe TBI and high AIS in the head or thorax region were increasingly transported to the RTZ by both means of transport. Patients with high AIS levels in more than two body regions were also increasingly transported to an RTZ by the ground-based ambulance. Airborne showed no significant change in this patient-population. Here, the share of ÜTZ to RTZ was about 50% / 50%.
Despite a clear shift towards the RTZ, it can be stated that with increasing (N) ISS value and falling probability of survival according to RISC, the probability of transport to an ÜTZ increased. Patients who were in shock and transported by rescue helicopters also have a significantly higher probability of being transferred to an ÜTZ after TNO.
The outcome of the patients, especially through the SMR as risk-adjusted mortality, showed neither significant advantages nor disadvantages due to the introduction of TNO. However, an approximately identical SMR across all levels shows that a lower level is not a disadvantage for the patients transported there. A change in the rate of further transport of patients to TNO was neither nominally high nor significant and is mainly due to relocation from the local trauma centers.
This dissertation shows significant changes in the assignment behavior of emergency physicians by the TNO, especially with regard to a shift of patients away from the ÜTZ and LTZ towards the RTZ. However, special patient groups are now increasingly being transported directly to an ÜTZ. Especially with regard to the regional characteristics - Eastern Bavaria with sparsely populated areas and only 2 ÜTZ in Regensburg - adequate, resource-conserving and, above all, readily available, adequate medical care is indispensable. With regard to these criteria, the increase in patient allocations to RTZ (and a significant decrease in the allocations to the LTZ) shows a clear influence of the network concept. The question of whether these changes also affect the individual outcome of patients could not be adequately answered. For this further investigations would be needed.
Metadaten zuletzt geändert: 25 Nov 2020 17:45