| License: Creative Commons Attribution 4.0 (3MB) |
- URN to cite this document:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-521867
- DOI to cite this document:
- 10.5283/epub.52186
Item type: | Thesis of the University of Regensburg (PhD) |
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Open Access Type: | Primary Publication |
Place of Publication: | Regensburg |
Date: | 2 May 2022 |
Referee: | Prof. Dr. Romuald Brunner |
Date of exam: | 22 April 2022 |
Institutions: | Medicine > Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie |
Keywords: | Kinder- und Jugendpsychiatrie, Notfälle, Ambulanz |
Dewey Decimal Classification: | 600 Technology > 610 Medical sciences Medicine |
Status: | Published |
Refereed: | Yes, this version has been refereed |
Created at the University of Regensburg: | Yes |
Item ID: | 52186 |
Abstract (German)
Wir untersuchten in einer retrospektiven Auswertung die Notfallvorstellungen in der Institutsambulanz der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik in Regensburg über die Jahre 2014 bis 2018. Es konnten insgesamt 902 Fälle ausgewertet werden. Es zeigte sich ein hohes Aufkommen an Notfällen mit einem Mittel von 60 Vorstellungen pro Monat. Das Alter ...
Abstract (German)
Wir untersuchten in einer retrospektiven Auswertung die Notfallvorstellungen in der Institutsambulanz der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, -psychotherapie und -psychosomatik in Regensburg über die Jahre 2014 bis 2018. Es konnten insgesamt 902 Fälle ausgewertet werden. Es zeigte sich ein hohes Aufkommen an Notfällen mit einem Mittel von 60 Vorstellungen pro Monat. Das Alter unserer Patienten lag bei 15.1 Jahren, wobei auffiel, dass sowohl die Mädchen (15.15 Jahre) als auch die Gruppe der Schutzsuchenden (16.5 Jahre) älter waren. Unser untersuchter Zeitraum beinhaltete die sogenannte „Flüchtlingskrise“ mit dem Höhepunkt der Migrationsbewegung nach Deutschland im Herbst 2015. Schutzsuchende Minderjährige machten dadurch 8.6% der Vorstellungen aus. Es zeigte sich eine allgemeine Mädchenwendigkeit mit einer Quote von 57%, wobei die Mehrzahl der Schutzsuchenden mit 84.6% männlich war. Ein erheblicher Anteil der Patienten stellte sich im Zeitraum mehrfach im Rahmen eines Notfalles vor. Beinahe 18% der Vorstellungen erfolgte ohne Begleitung Angehöriger oder Betreuer. Die häufigsten Vorstellungsanlässe stellten Suizidgedanken (54.2%), depressive Symptome (30%) und Selbstverletzung (25.6%) dar. Als ICD-10 Diagnosen waren die Kapitel F9 (61.7%), F3 (52.7%), F4 (51.1%) und F1 (26.5%) aus der am häufigsten vertreten. Bei 47% der Notfallvorstellungen kam es zu einer stationären Aufnahme aus der Krise heraus wobei die Patienten im Mittel nach 11.6 Tagen entlassen wurden. 13.5% der Vorstellungen erfolgten unter Vorlage einer polizeilichen oder zivilrechtlichen Unterbringung. Es zeigte sich schließlich, dass es innerhalb des untersuchten Zeitraumes zu einer signifikanten Zunahme der Notfallvorstellungen kam. Ebenso war unter Ausnahme der Gruppe der überwiegend männlichen Schutzsuchenden eine Zunahme des Mädchenanteils feststellbar. Die Vorstellungsanlässe Suizidalität und Selbstverletzung unterlagen ebenso einer signifikanten Steigerung, was uns zeigt, dass diese beiden Phänomene zunehmend prägende Hauptmerkmale der kinder- und jugendpsychiatrischen Notfallversorgung darstellen. Schließlich war ein Zuwachs an Fällen mit ≥ 2 Diagnosen zu sehen. Wir konnten mit unserer Studie ein detailliertes Abbild der Notfälle in unserer Klinik erzeugen. Aus den Ergebnissen lassen sich eine Vielzahl an Herausforderungen für unsere Klinik und die Versorgung in der Region herauslesen. Um dem allgemeinen Trend der Zunahme kinder- und jugendpsychiatrischer Notfälle, der sich in unseren Ergebnissen abbildet, präventiv zu begegnen ist ein Ausbau der allgemeinen und notfallmäßigen Behandlungsstrukturen geboten. Es deutet sich in Deutschland eine erneute Zunahme der Bettnkapazitäten an, was auch in der Regensburger Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie so geschehen ist. Zudem sollten Bemühungen erfolgen Patienten ein reguläres frühes Behandlungsangebot zu machen, statt eine späte Krisenintervention durchzuführen. Dazu ist eine weitgehende Sensibilisierung für psychische Auffälligkeiten junger Menschen in der Allgemeinbevölkerung und Fachpersonal verschiedenster Berufsgruppen geboten. Der steigende Anteil an weiblichen Patienten zeigt möglicherweise ein „Aufholen“ von Mädchen bezüglich gesellschaftlicher Entwicklungen an und erfordert dadurch gleichzeitig Bemühungen einen sicherheitsstiftenden Behandlungsrahmen für beide Geschlechter zu schaffen. Die Zunahme von Suizidalität erfordert eine erhöhte problemspezifische Kompetenz für den Umgang mit dieser Psychopathologie, aber auch eine vermehrte Schulung und Supervision, um die Resilienz des Personals bei dieser fordernden Thematik zu stärken. Hier können niederschwellige Diagnostik- und Behandlungsmodule sinnvoll sein, um schnelle Hilfe anbieten zu können. Der Anstieg von selbstverletzendem Verhalten bedarf gezielter Weiterbildung zu diesem Thema bei allen beteiligten Behandlern und Betreuern, um aversiven Reaktionen oder Falscheinschätzungen der Problematik vorzubeugen. Die hohe stationäre Aufnahmequote, die starken Schwankungen unterliegt, stellt hohe Anforderungen an die Klinik, die selbst bei Überbelegung eine adäquate Versorgung aller Patienten sicherstellen muss. Wir sehen zudem eine im Vergleich kurze Verweildauer der notfallmäßig stationär aufgenommenen Patienten, was eine fokussierte Behandlung erfordert. Besonders sollte ein gutes Zusammenspiel mit therapeutischen oder sozialpädagogischen Anschlussmaßnahmen implementiert werden, um einen „Drehtüreffekt“ zu verhindern. Es bedarf weiterer Untersuchungen, ob es einen Anstieg internalisierender Störungen gibt oder ob eine erhöhte psychische Gesundheitskompetenz der Bevölkerung zu einer vermehrten Inanspruchnahme führt. Die gestiegene Multimorbidität der Patienten stellt eine Herausforderung für die Klinik dar, die eine zielgerichtete Indikationsstellung und Umsetzung therapeutischer Behandlungsansätze erschwert.
Translation of the abstract (English)
In a retrospective evaluation we examined the emergency presentations in the outpatient department of the clinic and polyclinic for child and adolescent psychiatry, psychotherapy and psychosomatics in Regensburg over the years 2014 to 2018. A total of 902 cases could be evaluated. There was a high incidence of emergencies with an average of 60 presentations per month. The age of our patients was ...
Translation of the abstract (English)
In a retrospective evaluation we examined the emergency presentations in the outpatient department of the clinic and polyclinic for child and adolescent psychiatry, psychotherapy and psychosomatics in Regensburg over the years 2014 to 2018. A total of 902 cases could be evaluated. There was a high incidence of emergencies with an average of 60 presentations per month. The age of our patients was 15.1 years, whereby it was noticeable that both the girls (15.15 years) and the group of those seeking protection (16.5 years) were older. The period we examined included the so-called "refugee crisis" with the peak of the migration movement to Germany in autumn 2015. Minors seeking protection accounted for 8.6% of the presentations. There was a general need for girls with a rate of 57%, with the majority of those seeking protection being male at 84.6%. A significant proportion of the patients presented several times in the context of an emergency. Almost 18% of the performances were unaccompanied by relatives or carers. The most common reasons for presentations were suicidal thoughts (54.2%), depressive symptoms (30%) and self-harm (25.6%). The ICD-10 diagnoses were chapters F9 (61.7%), F3 (52.7%), F4 (51.1%) and F1 (26.5%) from the most frequently represented. In 47% of the emergency presentations, inpatient admissions resulted from the crisis, with the patients being discharged after an average of 11.6 days. 13.5% of the presentations took place on presentation of a police or civil law accommodation. Finally, it turned out that there was a significant increase in the number of emergency visits within the period under investigation. Likewise, apart from the group of predominantly male asylum seekers, an increase in the proportion of girls was observed. The reasons for presenting suicidality and self-injury were also subject to a significant increase, which shows us that these two phenomena are increasingly defining main characteristics of child and adolescent psychiatric emergency care. Finally, an increase in cases with ≥ 2 diagnoses was seen. With our study, we were able to create a detailed picture of the emergencies in our clinic. The results reveal many challenges for our clinic and for care in the region. To counteract the general trend of increasing child and adolescent psychiatric emergencies, which is reflected in our results, an expansion of the general and emergency treatment structures is necessary. There are signs of a renewed increase in bed capacity in Germany, which has also happened in the Regensburg Clinic for Child and Adolescent Psychiatry. In addition, efforts should be made to offer patients a regular early treatment offer instead of carrying out late crisis intervention. For this purpose, an extensive sensitization for mental disorders of young people in the general population and specialists of various professional groups is required. The increasing proportion of female patients may indicate that girls are “catching up” regarding social developments and thus requires efforts to create a safe treatment framework for both sexes. The increase in suicidality requires increased problem-specific competence for dealing with this psychopathology, but also increased training and supervision to strengthen staff resilience in this challenging issue. Low-threshold diagnostic and treatment modules can be useful here to be able to offer quick help. The increase in self-injurious behaviour requires targeted further training on this topic for all therapists and supervisors involved to prevent aversive reactions or incorrect assessments of the problem. The high inpatient admission rate, which is subject to strong fluctuations, places high demands on the clinic, which must ensure adequate care for all patients even when overcrowded. We also see a comparatively short length of stay for patients who are admitted as emergency inpatients, which requires focused treatment. A good interaction with therapeutic or socio-educational follow-up measures should be implemented in order to prevent a "revolving door effect". Further research is needed to determine whether there is an increase in internalizing disorders or whether increased mental health literacy in the population leads to increased utilization. The increased multimorbidity of the patients represents a challenge for the clinic, which makes it difficult to establish a targeted indication and implement therapeutic treatment approaches.
Metadata last modified: 02 May 2022 08:35