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- URN to cite this document:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-590771
- DOI to cite this document:
- 10.5283/epub.59077
Item type: | Thesis of the University of Regensburg (PhD) |
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Open Access Type: | Primary Publication |
Date: | 11 September 2024 |
Referee: | Prof. Dr. Dr. Tobias Ettl |
Date of exam: | 4 September 2024 |
Institutions: | Medicine > Lehrstuhl für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie |
Keywords: | Infektionsprophylaxe nach Tierbiss, Tierangriffe im Gesichtsbereich, Rekonstruktive Gesichtschirurgie |
Dewey Decimal Classification: | 600 Technology > 610 Medical sciences Medicine |
Status: | Published |
Refereed: | Yes, this version has been refereed |
Created at the University of Regensburg: | Yes |
Item ID: | 59077 |
Abstract (German)
Tierbissverletzungen im Gesichtsbereich sind durch eine eine große Varianz an Verletzungsmustern und Schweregraden gekennzeichnet. Ärztliche Behandler stehen dabei vor der Herausforderung einer ästhetisch-funktionellen Rehabilitation der komplexen Gesichtsmorphologie bei gleichzeitiger Infektionsprävention. In dieser Studie wurden 111 Patientenfälle am Universitätsklinikum Regensburg über einen ...

Abstract (German)
Tierbissverletzungen im Gesichtsbereich sind durch eine eine große Varianz an Verletzungsmustern und Schweregraden gekennzeichnet. Ärztliche Behandler stehen dabei vor der Herausforderung einer ästhetisch-funktionellen Rehabilitation der komplexen Gesichtsmorphologie bei gleichzeitiger Infektionsprävention.
In dieser Studie wurden 111 Patientenfälle am Universitätsklinikum Regensburg über einen Zeitraum von 13 Jahren erfasst. Ziel war die umfassende Untersuchung von Epidemiologie, Verletzungsmustern und Wundversorgung, sowie die Evaluation verschiedener Einflussfaktoren auf das Infektionsrisiko.
Erwartungsgemäß stellten sich Hunde als die mit Abstand häufigsten Verursacher von Bissverletzungen im Gesichtsbereich heraus. Unter den Opfern befanden sich überproportional viele Kinder. Als Gründe kommen die geringere Körpergröße und somit bessere Erreichbarkeit des Gesichtes, sowie unabsichtlich provozierendes Verhalten und eine mangelnde Fähigkeit zur Selbstverteidigung in Frage. Die Geschlechterverteilung blieb, mit Ausnahme von Pferdebissen, von denen ausschließlich weibliche Opfer betroffen waren, ausgeglichen.
Die in der Literatur beschriebene „central target region“ zählte mit den Bereichen Mund und Nase auch in der untersuchten Patientengruppe zur häufigsten Lokalisation. Der Angriff erfolgt bei Hunden meist von schräg unten, sodass Nase und Mund als einfach zu erreichende Ziele schlüssig scheinen. Ohren und Stirn waren verhältnismäßig oft von Pferdebissen betroffen, was sich ebenfalls durch die Angriffsrichtung erklären lässt, die bei Pferden von seitlich-oben erfolgt.
Die meisten Bisswunden konnten als Lackmann Typ II identifiziert werden, dicht gefolgt von Typ III und I. Schwere Verletzungen des Typ IV mit Gefäß-, Nerven- oder Knochenbeteiligung kamen nur in seltenen Fällen vor.
Erfreulicherweise zeigte sich nur eine geringe Infektionsrate von 8%, was auf die Wirksamkeit der verwendeten Prophylaxe- und Therapiemaßnahmen hindeutet.
Als eines der wichtigsten Kriterien zur Einschätzung des Infektionsrisikos wurde das Wundprofil identifiziert. Neben der Tiefe der Wunde, scheint auch der Durchmesser einen entscheidenden Einfluss auf das Infektionsrisiko zu haben. Tiefe Bissverletzungen mit kleiner Wundöffnung sind aufgrund unzureichender Drainage- und Irrigationsmöglichkeiten, ebenso wie ausgedehntere Bissverletzungen, die oftmals kritische Strukturen wie Knorpel, Knochen oder Drüsengewebe umfassen, besonders gefährdet.
Die Lokalisation betreffend infizierte sich der Wangenbereich am häufigsten. Als Erklärung wird die Mehrschichtigkeit des betroffenen Gewebes, sowie eine schlechtere Durchblutung des bukkalen Fettpolsters vermutet.
Weitere Faktoren, die bei der Evaluation des Infektionsrisikos beachtet werden sollten, sind makroskopischer Verschmutzungsgrad, Art und Pathogenität übertragener Keime, Immunitätslage des Patienten, sowie Zeitpunkt der Erstvorstellung.
Durch die vorliegenden Ergebnisse bestätigt, gehört der primäre Wundverschluss bei Bisswunden im Gesicht zur allgemein akzeptierten Therapie der Wahl. Der direkte Nahtverschluss kam in dieser Studie als häufigste Versorgungsart zur Anwendung und zeichnete sich durch niedrige Infektionszahlen und ästhetisch zufriedenstellende Heilungsergebnisse mit nur selten notwendigen Narbenkorrekturen aus. Bevor die
Wunde primär verschlossen wird, sollte ein vorsichtiges Debridement devitaler Gewebeanteile, sowie eine drucklose Spülung und Desinfektion des Wundgebietes erfolgen.
Wunddrainagen können optional bei Lackmann Typ II oder höher oder bei stark kontaminierten Wunden zur Anwendung kommen.
Die antibiotische Prophylaxe gehört zu den umstrittensten Therapiemaßnahmen nach Tierbissen. Die Gabe prophylaktischer Antibiotika sollte nicht zur routinemäßigen Praxis gehören, sondern lediglich in ausgewählten Fällen mit besonderem Infektionsrisiko erfolgen. Dazu zählen Wunden des Lackmann Typ II oder höher, insbesondere bei tiefem Wundprofil mit kleinem Durchmesser oder bei Beteiligung kritischer Strukturen. Zudem sollte bei Bissverletzungen im Wangenbereich, sowie bei Patienten mit Immunsuppression ebenfalls eine prophylaktische Antibiose in Erwägung gezogen werden. Bei schwächeren Kriterien wie makroskopischem Verschmutzungsgrad oder später Erstvorstellung sollte die Entscheidung individuell anhand kumulativer Faktoren getroffen werden. Als Antibiotikum der Wahl sollte Amoxicillin mit Clavulansäure verabreicht werden.
Schwere Komplikationen mit Infektionsausbreitung, wie Meningitis oder Endokarditis sind äußerst selten und kamen in dieser Untersuchungsgruppe nicht vor. Auch Nervenschäden mit bleibenden Funktionseinschränkungen scheinen selten zu sein. Als häufigste Komplikation wurde die Narbenbildung festgestellt, was in einigen Fällen eine chirurgische Narbenkorrektur erforderlich machte.
Als zukünftiges Ziel sollte die Erarbeitung und Etablierung allgemeingültiger Richtlinien zur Behandlung von Tierbissverletzungen im Gesichtsbereich ins Auge gefasst werden. Aufgrund der großen Variabilität an Verletzungen und der Vielzahl das Infektionsrisiko beeinflussender Faktoren, ist eine evidenzbasierte Leitlinie zum jetzigen Zeitpunkt schwer umzusetzen. Die aufgeführten Behandlungsempfehlungen können jedoch als erste Orientierung dienen und eine zweckmäßige Erstversorgung unabhängig von Ausmaß und Schwere auch in kleinen Einrichtungen ermöglichen.
Translation of the abstract (English)
Animal bite injuries in the facial region are characterized by a wide variety of injury patterns and degrees of severity. Medical practitioners are faced with the challenge of aesthetic and functional rehabilitation of the complex facial morphology while simultaneously preventing infection. In this study, 111 patient cases were recorded at the University Hospital Regensburg over a period of 13 ...

Translation of the abstract (English)
Animal bite injuries in the facial region are characterized by a wide variety of injury patterns and degrees of severity. Medical practitioners are faced with the challenge of aesthetic and functional rehabilitation of the complex facial morphology while simultaneously preventing infection.
In this study, 111 patient cases were recorded at the University Hospital Regensburg over a period of 13 years. The aim was to comprehensively investigate the epidemiology, injury patterns and wound care, as well as to evaluate various factors influencing the risk of infection.
As expected, dogs turned out to be by far the most common cause of facial bite injuries. A disproportionately high number of children were among the victims. The reasons for this could be the smaller body size and therefore easier accessibility of the face, as well as unintentionally provocative behavior and a lack of ability to defend themselves. The gender distribution remained balanced, with the exception of horse bites, which only affected female victims.
The “central target region” described in the literature, including the mouth and nose, was also the most common localization in the patient group studied. In dogs, the attack usually occurs from diagonally below, so that the nose and mouth appear to be logical targets that are easy to reach. The ears and forehead were relatively often affected by horse bites, which can also be explained by the direction of attack, which in horses is from the side upwards.
Most bite wounds were identified as Lackmann type II, closely followed by type III and I. Severe type IV injuries with vascular, nerve or bone involvement occurred only in rare cases.
Fortunately, there was only a low infection rate of 8%, which indicates the effectiveness of the prophylactic and therapeutic measures used.
The wound profile was identified as one of the most important criteria for assessing the risk of infection. In addition to the depth of the wound, the diameter also appears to have a decisive influence on the risk of infection. Deep bite wounds with a small wound opening are particularly at risk due to inadequate drainage and irrigation options, as are more extensive bite wounds, which often involve critical structures such as cartilage, bone or glandular tissue.
In terms of localization, the cheek area was most frequently infected. This is thought to be due to the multilayered nature of the affected tissue and poorer blood supply to the buccal fat pad.
Other factors that should be taken into account when evaluating the risk of infection are the macroscopic degree of contamination, the type and pathogenicity of transmitted germs, the patient's immunity status and the time of initial presentation.
The present results confirm that primary wound closure is the generally accepted treatment of choice for facial bite wounds. In this study, direct suture closure was used as the most common type of treatment and was characterized by low infection rates and aesthetically satisfactory healing results with scar corrections rarely required. Before primary closure of the wound, careful debridement of devitalized
tissue and pressureless irrigation and disinfection of the wound area should be performed. Wound drains can be used optionally for Lackmann type II or higher or for heavily contaminated wounds.
Antibiotic prophylaxis is one of the most controversial therapeutic measures following animal bites. The administration of prophylactic antibiotics should not be part of routine practice, but should only be used in selected cases with a particular risk of infection. These include wounds of Lackmann type II or higher, particularly with a deep wound profile with a small diameter or where critical structures are involved. In addition, prophylactic antibiotics should also be considered for bite wounds in the cheek area and for patients with immunosuppression. In the case of weaker criteria such as macroscopic degree of soiling or late initial presentation, the decision should be made individually based on cumulative factors. Amoxicillin with clavulanic acid should be administered as the antibiotic of choice.
Severe complications with spread of infection, such as meningitis or endocarditis, are extremely rare and did not occur in this study group. Nerve damage with permanent functional impairment also appears to be rare. The most common complication was scarring, which in some cases required surgical scar correction.
The development and establishment of generally applicable guidelines for the treatment of animal bite injuries in the facial region should be considered as a future goal. Due to the great variability of injuries and the large number of factors influencing the risk of infection, an evidence-based guideline is difficult to implement at the present time. However, the treatment recommendations listed can serve as an initial orientation and enable appropriate initial treatment regardless of the extent and severity, even in small facilities.
Metadata last modified: 11 Sep 2024 06:48