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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-532332
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.53233
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 21 November 2022 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Michael Melter |
Tag der Prüfung: | 10 Oktober 2022 |
Institutionen: | Medizin > Lehrstuhl für Kinder- und Jugendmedizin |
Stichwörter / Keywords: | EKG Screening, Geburtskohortenstudie, Neugeborene, Long QT Syndrom |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 53233 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Die Einführung eines EKG-Screenings im Neugeborenenalter wurde in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt diskutiert. Anlass hierfür war die Identifikation einer verlängerten QT-Zeit im EKG als Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod. Verschiedene Autoren befürworten ein EKG-Screening zur Früherkennung des Long QT-Syndroms sowie weiterer angeborener Herzerkrankungen. Vorreiter war eine ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Die Einführung eines EKG-Screenings im Neugeborenenalter wurde in den vergangenen Jahrzehnten wiederholt diskutiert. Anlass hierfür war die Identifikation einer verlängerten QT-Zeit im EKG als Risikofaktor für den plötzlichen Kindstod. Verschiedene Autoren befürworten ein EKG-Screening zur Früherkennung des Long QT-Syndroms sowie weiterer angeborener Herzerkrankungen. Vorreiter war eine italienische Studie mit EKG-Aufzeichnungen bei über 44 000 Neugeborenen am 15. bis 25. Lebenstag. Auch eine japanische Studie an 4 285 Kindern im Alter von einem Monat stufte das EKG als geeignete Screening-Methode zur Früherkennung angeborener Herzerkrankungen ein.
Dennoch ist die Einführung eines Routine-EKGs bei Neugeborenen nicht unumstritten. Neben dem klinischen Nutzen werden unter anderem die logistische Durchführbarkeit, die Genauigkeit der Messung und der Interpretation sowie der Kostenaufwand diskutiert.
Repräsentative Daten aus Deutschland fehlen bislang.
Im Rahmen der „KUNO Kids Gesundheitsstudie“ wurde von Juni 2015 bis Oktober 2016 bei 1 000 Neugeborenen innerhalb der ersten 7 Kalendertage nach der Geburt ein 12-Kanal-EKG abgeleitet. Die standardisierte Befundung der EKG-Aufzeichnungen umfasste neben der frequenzkorrigierten QT-Zeit (QTc) die Auswertung von Rhythmus, Lagetyp, Herzfrequenz, PQ-Zeit, QRS-Dauer, P-Wellen-Morphologie sowie T-Wellen-Ausrichtung. Bei Studienteilnehmern mit einer QTc-Zeit > 450 ms im initialen EKG erfolgte die Aufzeichnung eines Kontroll-EKGs sowie bei anhaltender QTc-Zeit-Verlängerung eine ausführliche kinderkardiologische Diagnostik. Wurden andere elektrokardiographische Auffälligkeiten festgestellt, fand ebenfalls eine weiterführende Diagnostik statt. Zusätzlich wurde bei jedem Studienteilnehmer die Familienanamnese hinsichtlich kardialer Erkrankungen erhoben.
Die elektrokardiographischen Merkmale der untersuchten Studienpopulation konnten bislang geltende Normwerte für die EKG-Auswertung im Neugeborenenalter weitestgehend bestätigen.
Der Mittelwert der QTc-Zeit lag bei 414 ± 24 ms. Die 2,5. und die 97,5. Perzentile betrugen 363 ms und 474 ms. 38 der 973 Studienteilnehmer mit auswertbarer QTc-Zeit zeigten im initialen EKG eine Verlängerung > 450 ms. Ein Kontroll-EKG konnte bei 29 Probanden abgeleitet werden, wobei 3 Kinder auch hier eine verlängerte QTc-Zeit aufwiesen. Schließlich wurde bei 2 weiblichen Studienteilnehmerinnen mit anhaltender QTc-Zeit-Verlängerung eine relevante Mutation im KCNQ1-Gen nachgewiesen und eine ß-Blocker-Therapie begonnen.
Weiterhin konnte bei einem männlichen Probanden aufgrund einer auffälligen QRS-Komplex-Morphologie noch im präsymptomatischen Intervall echokardiographisch die Diagnose eines Hypoplastischen Linksherzsyndroms gestellt werden sowie ein weibliches Neugeborenes mit intermittierendem WPW-Muster identifiziert werden.
Andere Auffälligkeiten im initialen EKG wie junktionale Rhythmen, abnorme Lagetypen, supraventrikuläre Extrasystolen oder eine verkürzte QTc-Zeit führten in der aktuellen Studie nicht zur Diagnose einer Herzerkrankung.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit zeigen, dass ein EKG-Screening in den ersten Tagen nach der Geburt geeignet ist, Kinder mit einem Long QT-Syndrom frühzeitig zu identifizieren. Weiterhin scheint ein derartiges Screening zur Diagnostik
anderer angeborener Herzerkrankungen geeignet.
Um eine abschließende Empfehlung zur Einführung eines Routine-EKGs im Neugeborenenalter aussprechen zu können, ist der weitere Verlauf der „KUNO Kids Gesundheitsstudie“ abzuwarten. Bei zunehmender Größe der Studienpopulation werden genauere Aussagen zur Prävalenz des Long QT-Syndroms sowie anderer angeborener Herzerkrankungen möglich sein. Um zu beurteilen, ob ein EKG-Screening einen zusätzlichen Nutzen hinsichtlich der Früherkennung struktureller Herzerkrankungen bringt, wäre ein Vergleich mit bislang durchgeführten Untersuchungsmethoden, wie klinischer Untersuchung und Pulsoxymetrie-Screening, interessant. Zur Evaluation des idealen Zeitpunktes eines möglichen EKG-Screenings sollte auch im weiteren Verlauf der Studie der Anteil der Probanden mit vorübergehender QTc-Zeit-Verlängerung betrachtet werden. Möglicherweise wäre auch der Vergleich verschiedener Cut-Off-Werte für die QTc-Zeit interessant.
Zusätzlich zur aktuellen Studie sollte eine Kosten-Analyse im Rahmen des deutschen Gesundheitssystems erfolgen.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
After the identification of a prolonged QT-interval on the surface electrocardiogram (ECG) as a risk factor for sudden infant death, the introduction of a neonatal ECG screening has been repeatedly discussed. Various authors advocate ECG screening for early identification of the Long QT Syndrome (LQTS) and other congenital heart diseases. As well as an Italian study with ECG recordings in more ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
After the identification of a prolonged QT-interval on the surface electrocardiogram (ECG) as a risk factor for sudden infant death, the introduction of a neonatal ECG screening has been repeatedly discussed.
Various authors advocate ECG screening for early identification of the Long QT Syndrome (LQTS) and other congenital heart diseases. As well as an Italian study with ECG recordings in more than 44 000 newborns between the 15th and 25th day of life, a Japanese study including 4 285 one-month-old infants classified the ECG as an appropriate screening method for early detection of congenital heart diseases.
Nevertheless, the introduction of a routine ECG in newborns is discussed controversially, regarding clinical benefit, feasibility, accuracy of measurement and interpretation as well as cost-effectiveness.
Representative data from Germany are not yet available.
As part of the KUNO Kids Health Study from June 2015 to October 2016 12-lead-ECGs were recorded in 1 000 newborns within the first 7 days of life. The interpretation of the ECGs included rhythm, QRS-axis, heart rate, PQ-/QRS-interval, QTc-interval (QT-interval corrected for heart rate) as well as morphology of P- and T-wave. Whenever a QTc > 450 ms was found, the ECG was repeated and in case of a persistent prolongation or any other ECG abnormality further cardiological examinations were performed. In addition the family history regarding heart diseases was obtained of each participant.
Electrocardiographic characteristics of the study population largely confirmed current standard values for ECG interpretation in newborns.
Mean QTc was 414 ± 24 ms. The 2.5th and 97.5th percentiles were 363 ms and 474 ms. 38 of 973 participants showed a QTc prolongation > 450 ms. ECG was repeated in 29 of these 38 children, with 3 participants showing a persistent QTc prolongation. A mutation in KCNQ1 gene was detected in 2 female participants with prolonged QTc and ß-blocker therapy was started.
Furthermore, a hypoplastic left heart syndrome was found in a yet asymptomatic male newborn with conspicuous QRS complex morphology and a female newborn with an intermittent WPW pattern was identified.
It could be shown that an ECG screening in the first days of life is able to identify children affected by LQTS. Furthermore, an ECG screening seems to be appropriate for the detection of other congenital heart diseases.
In order to give a final recommendation for the introduction of a routine ECG in newborns, the further course of the KUNO Kids Health Study has to be assessed. With increasing number of participants, the prevalence of LQTS and other congenital heart diseases can be determined more precisely. It would be interesting to compare ECG screening with current methods such as clinical examination and pulse oximetry screening, to assess whether an ECG screening provides additional benefit regarding the early detection of structural heart diseases. In order to evaluate the ideal time for an ECG Screening, the number of participants with transient QTc prolongation should still be observed during the further course of the study. It might also be interesting to compare different cut-off values for QTc. In addition, a cost-effectiveness study should be performed in Germany.
Metadaten zuletzt geändert: 21 Nov 2022 08:44