| License: Creative Commons Attribution 4.0 (1MB) |
- URN to cite this document:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-523358
- DOI to cite this document:
- 10.5283/epub.52335
Item type: | Thesis of the University of Regensburg (PhD) |
---|---|
Open Access Type: | Primary Publication |
Date: | 27 May 2022 |
Referee: | Prof. Dr. Thomas Bein |
Date of exam: | 28 March 2022 |
Institutions: | Medicine > Lehrstuhl für Anästhesiologie |
Keywords: | Therapiezieländerung, Vorenthalten einer Therapie, Beendigung einer Therapie, Intensivstation, Patientenautonomie, Organunterstützungsverfahren, end-of-life decision, withdrawing therapy, withholding therapy, intensive care unit |
Dewey Decimal Classification: | 600 Technology > 610 Medical sciences Medicine |
Status: | Published |
Refereed: | Yes, this version has been refereed |
Created at the University of Regensburg: | Yes |
Item ID: | 52335 |
Abstract (German)
Die Intensivmedizin mit der Aufgabe der Überbrückung der Zeit bis zur Wiederherstellung der körpereigenen Organfunktionen ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der Krankenhausstruktur. Durch die Entwicklung moderner Organersatzverfahren und unbegrenzt erscheinender therapeutischer Möglichkeiten stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit uneingeschränkter Maximaltherapie und somit beständig ...
Abstract (German)
Die Intensivmedizin mit der Aufgabe der Überbrückung der Zeit bis zur Wiederherstellung der körpereigenen Organfunktionen ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der Krankenhausstruktur. Durch die Entwicklung moderner Organersatzverfahren und unbegrenzt erscheinender therapeutischer Möglichkeiten stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit uneingeschränkter Maximaltherapie und somit beständig die Frage nach einer Therapiezieländerung bei Patienten mit stark eingeschränkter Prognose. Die Entscheidung über eine Therapiezieländerung ist ein von rechtlichen Vorschriften und ethischen Überlegungen geprägter Prozess, der sich auf die Indikationsstellung durch den Arzt und den Willen des Patienten stützt, und der unter Einbeziehung der Angehörigen erfolgen sollte. Ziel der hier vorliegenden Studie war es, die Komplexität der Umsetzung der Therapiezieländerungen zu analysieren und im Detail zu beschreiben.
Hierfür wurden retrospektiv Daten von 169 verstorbenen Patienten der operativen Intensivstation des Universitätsklinikums Regensburg aus den Jahren 2015 und 2016 in einem zuvor erstellten Case Report Form erfasst und anschließend analysiert. In der Literatur wird meist unterschieden zwischen der Beendigung einer Therapie (withdrawing) und dem Vorenthalten einer Therapie (withholding). Die hier vorliegende Studie untersuchte zudem die Häufigkeit des Reduzierens einer Therapie im Rahmen der Umsetzung der Therapiezieländerung und liefert damit einen weiteren Aspekt.
Bei 169 Verstorbenen, dies entspricht 81,6% aller Verstorbenen, wurde eine Entscheidung zur Therapiezieländerung getroffen. Das Beenden einer oder mehrerer Therapiemaßnahmen (142 (84,0%) Patienten) war häufiger als das Reduzieren (113 (66,9%) Patienten) oder Vorenthalten (82 (48,5%) Patienten) einer oder mehrerer Therapien. Die in absoluten Zahlen am häufigsten vorenthaltene Therapie war die Reanimation. Die sowohl am häufigsten reduzierte als auch beendete Therapie war die Behandlung mit vasoaktiven Substanzen (Katecholaminen). Gemessen an der bestehenden Organunterstützung zum Zeitpunkt der Entscheidung fällt auf, dass die Volumentherapie nur bei 1,2% der Patienten mit bestehender Volumentherapie beendet wurde. Um Aussagen über die Gründe hierfür treffen zu können, bedarf es weiterer Studien im spezifischen Umfeld der Intensivstation.
Die Umsetzung der Therapiezieländerung erfolgte häufig in Schritten. So ging dem Beenden einer Therapie in bis zu zwei Drittel der Fälle das Reduzieren der Therapie voraus. Die erste Maßnahme zur Umsetzung der Therapiezieländerung ist geprägt vom Vorenthalten einer Therapie und die letzte Maßnahme zur Umsetzung der Therapiezieländerung vom Beenden einer Therapiemaßnahme. Ist die erste Maßnahme das Vorenthalten einer Therapie, so ist die Zeit bis zum Tod signifikant länger als beim Reduzieren oder der Beendigung einer Therapie als erste Maßnahme.
Als Grundlage zur Entscheidungsfindung konnte die aussichtslose Prognose und der mutmaßliche Wille der Patienten identifiziert werden. Die Angehörigen waren in den Entscheidungsprozess ausführlich eingebunden, wobei die Anzahl der Angehörigengespräche mit der Dauer des Aufenthalts der Patienten auf der Intensivstation korrelierte. Die enge Einbindung der Angehörigen und die Berücksichtigung des Patientenwillens als Grundlage einer Entscheidung zur Therapiezieländerung geht in dieser Studie mit einer hohen Rate an Entscheidungen zur Therapiezieländerung einher. Inwieweit die Einbindung der Angehörigen und die Berücksichtigung des Patientenwillens für die Häufigkeit der Therapiezieländerung eine Rolle spielen, bedarf weiterer Untersuchung.
In Zusammenschau der Ergebnisse zeigt die hier vorliegende Studie deutlich die Komplexität der Umsetzung der Therapiezieländerung und den daraus folgenden, an den Patienten angepassten Umsetzungsweg. Die Ergebnisse verdeutlichen die zentrale Rolle einer patientenzentrierten Intensivmedizin. Damit stellt sich die Aufgabe an ein Klinikum der Maximalversorgung, wie ein Universitätsklinikum, welches grundsätzlich der Hochleistungsmedizin verschrieben ist, das Konzept best supportive care bereitzustellen, um den Wünschen der Patienten gerecht zu werden.
Translation of the abstract (English)
Intensive care medicine is an essential part of the hospital infrastructure, bridging the time period until the body’s own organ functions are restored. The development of modern organ replacement therapies and seemingly unlimited therapeutic options leads to the question whether unrestricted maximum therapy is beneficial for all patients. Thus end-of-life decision-making is a relevant part of ...
Translation of the abstract (English)
Intensive care medicine is an essential part of the hospital infrastructure, bridging the time period until the body’s own organ functions are restored. The development of modern organ replacement therapies and seemingly unlimited therapeutic options leads to the question whether unrestricted maximum therapy is beneficial for all patients. Thus end-of-life decision-making is a relevant part of treating patients in the intensive care unit (ICU). End-of-life decisions are influenced by legal regulations and ethical considerations, are based on the physician’s evaluation and patient’s will, and should involve family members in the decision-making process. The aim of this study was to analyse the complexity of end-of-life decisions and to describe the implementation in detail.
In this retrospective study, data of 169 deceased patients in the surgical ICU of the university hospital Regensburg in the years 2015 and 2016, were analysed. Existing data show the frequency of withdrawing and withholding therapy after an end-of-life decision. Additionally, this study examined the frequency of reducing therapy and thus provides another aspect.
End-of-life decisions were made in 169 decedents, representing 81.6% of all decedents in the ICU. Withdrawing one or more therapies (142 (84.0%) patients) was more common than reducing (113 (66.9%) patients) or withholding (82 (48.5%) patients) one or more therapies. The most common therapy withheld in absolute numbers was resuscitation. The therapy most frequently reduced and withdrawn was treatment with vasoactive drugs (catecholamines). End-of-life decisions were conducted step by step. In up to two thirds of the cases, the withdrawal of therapy was preceded by reducing the therapy. If the first measure is withholding therapy, the time to death is significantly longer than with reducing or withdrawing therapy as first measure.
Main considerations in end-of-life decision-making were poor prognosis and the presumed will of the patient. Patients’ relatives were highly involved in the decision-making process, whereas the number of conversations with relatives correlated with the length of stay in the ICU. Regarding this study, the high involvement of family members and the consideration of the patient’s will come along with a high number of end-of-life decisions leading to withdrawing, reducing or withholding therapy. The extent to which those two aspects influence the frequency of end-of-life decisions requires further investigation.
In summary, the presented study clearly shows the complexity of end-of-life decisions and the resulting variety in implementing withdrawing, reducing, and withholding treatment. However, the results highlight the importance of patient-centered intensive care. Therefore, the study underlines the necessity to provide the concept best supportive care in a university hospital, dedicated to high-performance medicine, in order to meet patients’ wishes.
Metadata last modified: 27 May 2022 08:06