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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-305027
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.30502
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 1 August 2014 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Richard Warth |
Tag der Prüfung: | 7 Juli 2014 |
Institutionen: | Biologie und Vorklinische Medizin > Institut für Physiologie > Prof. Dr. Richard Warth |
Stichwörter / Keywords: | Kaliumkanäle, Elektrolyt-Volumen-Homöostase, Knock-out-Modell |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 30502 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Die postnatale Entwicklung der Säugetierniere ist ein vielschichtiges und dynamisches Geschehen, das als Balanceakt zwischen den Bedürfnissen des reifenden Organismus und den unreifen anatomischen Strukturen anzusehen ist. Für die Maus als ein etabliertes Modell der Nierenforschung ist die postnatale Entwicklung der Nierenfunktion relativ wenig erforscht. Wegen der oft eingeschränkten ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Die postnatale Entwicklung der Säugetierniere ist ein vielschichtiges und dynamisches Geschehen, das als Balanceakt zwischen den Bedürfnissen des reifenden Organismus und den unreifen anatomischen Strukturen anzusehen ist.
Für die Maus als ein etabliertes Modell der Nierenforschung ist die postnatale Entwicklung der Nierenfunktion relativ wenig erforscht. Wegen der oft eingeschränkten Überlebensfähigkeit genetisch modifizierter Mäuse ist der Untersuchungszeitraum auf die ersten Lebenswochen beschränkt. Mangels Vergleichsdaten von heranwachsenden Wildtyp-Mäusen in der Literatur beleuchtet diese Arbeit detailliert die alterabhängige renale Ausscheidung von Kreatinin, K+, Na+, Ca2+ und Mg2+ sowie das Expressionsprofil von bedeutenden Ionenkanälen des distalen Tubulus. Dies soll wichtige Informationen für die Planung und Interpretation von weiteren Versuchen mit Knockout-Tieren bieten.
Aufgrund der zentralen Bedeutung der Nieren für den Salz-, Wasser- und Säure-Basen-Haushalt haben bereits kleinste funktionelle Störungen besonders während der Entwicklung fatale Konsequenzen, wie es das komplexe Krankheitsbild EAST (epilepsy, ataxia, sensorineural deafness, tubulopathy) alias SeSAME (seizures, sensorineural deafness, ataxia, mental retardation, electrolyte imbalance) aufzeigt. Ursache dieser autosomal-rezessiven Erbkrankheit sind verschiedene „loss-of-function“-Mutationen des einwärtsgleichrichtenden Kaliumkanals KCNJ10 (Kir4.1), der nebst ZNS, Retina und Innenohr vor allem im distalen Konvolut (DCT) der Niere exprimiert wird. Dort garantiert er vermutlich als Heteromer mit KCNJ16 (Kir5.1) die basolaterale K+-Leitfähigkeit, stabilisiert das Membranpotential, hält dank des basolateralen K+-Recyclings die Na+/K+-ATPase in Gang und ist aufgrund der pH-Abhängigkeit am Säure-Basen-Haushalt beteiligt. Gegenstand meiner Untersuchungen waren die elektrophysiologischen Eigenschaften der bisher am häufigsten diagnostizierten EAST/SeSAME-Mutation KCNJ10 c.G194C (entspricht p.R65P) sowie der renale Phänotyp der KCNJ10-Knockout-Maus.
Die Analyse der altersabhängigen renalen Ausscheidungsfunktion erfolgte in heranwachsenden C57BL6-Wildtyp-Mäusen (pp1 bis pp84). Es zeigte sich ein steter Anstieg der Kreatininkonzentration im Urin von 0,65 mM (pp1) auf ca. 4 mM (ab pp21). Für die Ausscheidung der Kationen K+, Na+, Ca2+ und Mg2+ ergaben sich für jedes Ion charakteristische Verläufe, wobei sich die größten Veränderungen kurz nach der Geburt und während der Abstillperiode (pp15 - pp20) vollzogen. Diese funktionelle Dynamik spiegelt sich in der Morphogenese und in der zunehmenden Transportproteinexpression wider: Die histologische Ausreifung war durch eine zentrifugale Differenzierung und eine sukzessive Zonierung des Parenchyms charakterisiert. Auf zellulärer Ebene bildete sich die für Epithelien typische Polarität aus, was im distalen Tubulus von der zunehmenden Expression der luminalen (NKCC2, NCC, AQP2) und basolateralen (KCNJ10, KCNJ16) Transportproteine begleitet war.
Die EAST/SeSAME-Mutation KCNJ10 p.R65P wurde in der vorliegenden Arbeit als Homomer und als Heteromer mit KCNJ16 WT in CHO- und HEK293-Zellen exprimiert und mittels Patch-Clamp-Technik analysiert. Das Homomer KCNJ10 p.R65P wies unter den gegebenen Bedingungen (pH 7,4) gegenüber KCNJ10 WT eine mäßig eingeschränkte Kanalaktivität auf, was vorrangig auf einer Verschiebung des pH-sensitiven Bereichs ins Alkalische zurückzuführen ist. Der heteromere Kanal KCNJ10 p.R65P/KCNJ16 WT unterschied sich im Whole-cell-Modus von den Homomeren KCNJ10 WT und KCNJ10 p.R65P durch fehlende Membranhyperpolarisation; auf Einzelkanalebene war eine sehr reduzierte Offenwahrscheinlichkeit und damit eine stark eingeschränkte Leitfähigkeit kennzeichnend.
Die biologische Relevanz des KCNJ10 wurde durch einige in-vivo-Experimente an der KCNJ10-Knockout-Maus evident: Letztere verstarb aufgrund des Gendefekts schon innerhalb der ersten Lebenswoche. Neben dem bekannten ZNS-Phänotyp (Ataxie, Epilepsie, Paralyse, Taubheit, Retinaschäden) fanden wir ein gravierendes renales Defizit, das sich funktionell durch eine eingeschränkte Harnkonzentrierung, milde Hyperkaliurie und Hypernatriurie, deutliche Hypocalciurie und Hypomagnesiurie ausdrückte. Morphologisch auffällig war ein massiv dilatiertes Nierenbecken, umgeben von einem schmalen, wenig differenzierten Parenchym.
Der Phänotyp der Knockout-Maus deckt sich weitgehend mit den Symptomen der EAST/SeSAME-Patienten. Angesichts der ungleichen Überlebensfähigkeit scheint der Mensch den Gendefekt effektiver zu kompensieren als die Maus. Diese und weitere kleine Abweichungen sind am ehesten auf Speziesunterschiede und die Art des Gendefekts zurückzuführen: Während in der Maus das KCNJ10-Gen gänzlich ausgeschaltet ist, besitzen die meisten EAST/SeSAME-Mutationen, insbesondere p.R65P, zumindest im heterologen Expressionssystem eine gewisse Restfunktion.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The postnatal development of the mammalian kidney is a complex and dynamic process, a balancing act between the demands of the growing organism and the immature anatomical structures present. Genetically modified mice represent important models for elucidating renal pathophysiology, but gene deletion often causes severe failures to thrive and a premature death. So the analysis of the phenotype is ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The postnatal development of the mammalian kidney is a complex and dynamic process, a balancing act between the demands of the growing organism and the immature anatomical structures present. Genetically modified mice represent important models for elucidating renal pathophysiology, but gene deletion often causes severe failures to thrive and a premature death. So the analysis of the phenotype is limited to the first weeks of life. In the absence of comparable literature data on adolescent wild-type mice, this thesis illuminates the age-related renal excretion of creatinine, K+, Na+, Ca2+, and Mg2+ as well as the expression profile of major ion channels in the distal tubule. These data shall provide important information for designing and interpreting further studies with knock-out animals.
The kidneys play a pivotal role in fluid, electrolyte, and acid-base homeostasis. Therefore, even very small functional disturbances, particularly during postnatal development, have disastrous consequences, as shown by the EAST syndrome (epilepsy, ataxia, sensorineural deafness, and tubulopathy), also termed SeSAME syndrome (seizures, sensorineural deafness, ataxia, mental retardation, and electrolyte imbalance). This autosomal recessive disease is caused by loss-of-function mutations of the inwardly rectifying potassium channel KCNJ10 (Kir4.1) that is mainly expressed in the distal convoluted tubule of the kidney but also in the CNS, the retina, and the inner ear. Forming a heterotetramer with KCNJ16 (Kir5.1), KCNJ10 expressed in renal cells establishes basolateral K+ conductance, stabilizes membrane potential, and maintains Na+/K+-ATPase due to basolateral K+ recycling. Because of its pH-dependent channel gating, KCNJ10 is also involved in the acid-base homeostasis. This thesis also focused on the electrophysiological properties of the EAST/SeSAME mutation KCNJ10 c.G194C (corresponding to p.R65P) and on the renal phenotype of the KCNJ10 knock-out mouse.
Age-related renal excretion was analysed in C57BL6 wild-type mice (pp1 to pp84). Urinary creatinine concentrations increased from 0.65 mM (pp1) to about 4 mM (from pp21 onwards). Excretion patterns of K+, Na+, Ca2+, and Mg2+ showed characteristic courses for each ion. The remarkable changes occurred shortly after birth and during the weaning period (pp15 to pp20). These functional dynamics are reflected in the morphogenesis and in the increasing expression of transport proteins: Histological maturation was characterized by centrifugal differentiation and by forming the typical zonation of the parenchyma. At the cellular level, the maturation of epithelial polarity was seen together with the growing number of luminal (NKCC2, NCC, AQP2) and basolateral (KCNJ10, KCNJ16) transport proteins in the distal tubule.
In this project, patch-clamp experiments were performed on transfected CHO and HEK-293 cells expressing the EAST/SeSAME mutation KCNJ10 p.R65P as a homomer or as a heteromer with KCNJ16 WT. At pH 7.4, the homomeric KCNJ10 p.R65P showed moderately decreased channel activity compared with KCNJ10 WT. This finding is mainly attributed to an alkaline shift of the pH-sensitivity. In the whole-cell mode, the heteromeric channel KCNJ10 p.R65P/KCNJ16 WT differed from the homomeric channels KCNJ10 WT and KCNJ10 p.R65P by missing membrane hyperpolarization. The single channel activity of the mutant KCNJ10 p.R65P was characterized by a strongly reduced open probability.
The biological relevance of KCNJ10 is evident from in vivo experiments with KCNJ10 knockout mice, which died within the first week of life. Beside the well-known CNS phenotype (ataxia, epilepsy, paralysis, deafness, and retinal impairment), we also found severe renal failure as shown by decreased urinary concentration ability, mild hyperkaliuria and hypernatriuria as well as profound hypocalciuria and hypomagnesiuria. Morphological examination showed dilated renal pelvis surrounded by a small and poorly differentiated parenchyma.
The phenotype of knock-out mice broadly coincides with the symptoms present in patients with EAST/SeSAME. In view of the difference in survivability, human beings seem to be able to compensate this genetic defect more effectively than mice. This and other minor deviations are probably caused by species differences and the type of genetic defect. In mice, the KCNJ10 gene is completely switched off, but most EAST/SeSAME mutations, particularly p.R65P, retain some residual function, at least within the heterologous expression system.
Metadaten zuletzt geändert: 26 Nov 2020 00:54