Grundlagen der ethischen Fallberatung: Auf welche normativen Ethiktheorien stützen sich Mitglieder eines Klinischen Ethikkomitees?

Dies ist die aktuelle Version dieses Eintrags.

Zusammenfassung (Deutsch)

Deutschlandweit sind inzwischen an den meisten Kliniken sogenannte Klinische Ethikkomitees etabliert. Diese Institution gilt als eine der besten Instrumente zur Verbesserung der Patientenversorgung bei vorhandenen ethischen Konflikten. Die Mitglieder setzen sich in der Regel aus Vertretern der beiden christlichen Kirchen, Ärzten, Pflegern und dann noch wahlweise Philosophen, Psychologen und ...

Zusammenfassung (Deutsch)

Deutschlandweit sind inzwischen an den meisten Kliniken sogenannte Klinische Ethikkomitees etabliert. Diese Institution gilt als eine der besten Instrumente zur Verbesserung der Patientenversorgung bei vorhandenen ethischen Konflikten. Die Mitglieder setzen sich in der Regel aus Vertretern der beiden christlichen Kirchen, Ärzten, Pflegern und dann noch wahlweise Philosophen, Psychologen und Juristen zusammen. Auch am Uniklinikum Regensburg ist ein solches Gremium tätig und bietet dabei auch eine Fallberatung in ethischen Konfliktsituationen an. Die medizinische Ethik ist sehr weit gefächert und normative Ethiken, wie der kategorische Imperativ von Kant, die Tugendethik oder der Utilitarismus, sind von großer Bedeutung in theoretischen Diskussionen, es stellt sich jedoch die Frage inwieweit diese argumentativen Gerüste in der Praxis angewendet werden können und auch von den Mitgliedern angewendet werden. Da es in dem Bereich noch keine Untersuchung in Deutschland oder Europa gegeben hatte, setzte sich nachfolgende Arbeit zum Ziel durch eine qualitative Studie mit Hilfe offener Interviews die grundsätzlichen Haltungen der Ethikkomitee-Mitglieder, hier beispielhaft am Uniklinikum Regensburg, zu skizzieren,
um so auch als Grundlage für weitere Untersuchungen, auch quantitativer Natur, zu dienen.
Es ergab sich ein sehr buntes Bild, durch die verschiedenste Entscheidungsmuster der einzelnen Mitglieder klar wurden. Gemeinsam war die patientenzentrierte Haltung, das
grundsätzliche Interesse an ethisch-moralischen Fragestellungen, die Lösungsmöglichkeiten ebendieser reichten jedoch von streng kantianischen Sichtweisen über individuell angepasste ethisch-theoretischen Hintergründe bis hin zu rein intuitiver Gewissensentscheidung. Diese weite Streuung bei grundsätzlich gleichem Ziel zeigt eine gute Ab-
bildung unserer pluralistischen Gesellschaft und ist im Kern positiv zu bewerten. Die Arbeit setzt sich nach Darstellung dieser Ergebnisse mit der Frage auseinander, wie eine
„richtige“ Entscheidung in der Praxis erreicht werden kann. Dazu gehört in erster Linie auch die Auseinandersetzung mit normativen Ethiken, was eine bessere theoretische
Ausbildung der Ethikberater und auch der anderen Mitglieder wünschenswert machen würde zur Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsgrundlage in ethischen Fragen,
wofür jedoch im Moment häufig die Rahmenbedingungen noch nicht gegeben sind.

Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)

Throughout Germany, so-called clinical ethics committees established. This institution is considered one of the best tools for improving patient care in case of ethical conflicts. The members usually consist of representatives of the two Christian churches, doctors, nurses and then optionally philosophers, psychologists or lawyers. Such a comitee is also active at the University Hospital of ...

Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)

Throughout Germany, so-called clinical ethics
committees established. This institution is considered one of the best tools for improving patient care in case of ethical conflicts. The members usually consist of representatives of the two Christian churches, doctors, nurses and then optionally philosophers, psychologists or lawyers. Such a comitee is also active at the University Hospital of Regensburg and offers case counseling in ethical conflict situations.
Medical ethics are a large field and normative ethics such as the categoric imperative of Kant, virtue ethics or utilitarianism, are of great importance in theoretical discussions, but the question arises to what extent this argumentative framework can be applied in practice and is actually applied by the members. Since there is still no investigation cpncerning this question in Germany or Europe, the following work had the goal to find out the basic attitudes of the ethics committee members here at the University Hospital by a qualitative study with the help of open interviews. The results of this investigation can also be a basis for further investigations, also of a quantitative nature. The result was a very colorful picture, through the different decision patterns of the
became clear to individual members. Common to the patient-centered attitude was a basic interest in ethical-moral questions, the possible solutions to given problems, however, ranged from strictly Kantian perspectives to individual ones
adapted ethical-theoretical backgrounds up to a purely intuitive decision-making. This wide spread with basically the same goal represents our pluralistic society and should be seen positively. After presenting these results, the work deals with the question of how a "Right" decision can be achieved in practice. This includes primarily dealing with normative ethics, which requires a better theoretical training of ethics consultants and other members as it would be desirable to create a common basis for communication on ethical issues. However, the framework conditions are often not yet given at the moment.