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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-138321
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.13832
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 18 Januar 2011 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Reinhard Sterner und Prof. Dr. Michael Thomm |
Tag der Prüfung: | 16 März 2010 |
Institutionen: | Biologie und Vorklinische Medizin > Institut für Biophysik und physikalische Biochemie > Prof. Dr. Reinhard Sterner |
Themenverbund: | Nicht ausgewählt |
Stichwörter / Keywords: | Tryptophan-Synthase, Protein-Protein-Interaktionen, Funktionsaufklärung |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 500 Naturwissenschaften und Mathematik > 570 Biowissenschaften, Biologie |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 13832 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Multienzymkomplexe dienen zur Koordination der Katalyse aufeinander folgender Reaktionen in Stoffwechselwegen. Einer der am besten untersuchten Multienzymkomplexe ist die Tryptophan-Synthase, die seit Jahrzehnten als Modellsystem für die Untersuchung der strukturellen Grundlagen und funktionellen Konsequenzen von Protein-Protein-Interaktionen dient. Die prototypische Tryptophan-Synthase, wie sie ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Multienzymkomplexe dienen zur Koordination der Katalyse aufeinander folgender Reaktionen in Stoffwechselwegen. Einer der am besten untersuchten Multienzymkomplexe ist die Tryptophan-Synthase, die seit Jahrzehnten als Modellsystem für die Untersuchung der strukturellen Grundlagen und funktionellen Konsequenzen von Protein-Protein-Interaktionen dient. Die prototypische Tryptophan-Synthase, wie sie zum Beispiel in den mesophilen Bakterien Salmonella typhimurium und Escherichia coli gefunden wird, ist ein stabiler heterotetramerer αββα-Komplex, der die Bildung von Tryptophan aus Indol-3-glycerinphosphat (IGP) und Serin katalysiert. Dabei spaltet die α-Untereinheit TrpA ihr Substrat IGP zu Glycerinaldehyd-3-phosphat (GA3P) und Indol, welches durch einen hydrophoben Kanal zum aktiven Zentrum der β-Untereinheit TrpB1 Untereinheit wandert und dort mit Serin zu Tryptophan kondensiert. Die isolierten TrpA- und TrpB1-Proteine bilden stabile, aber nur schwach aktive α-Monomere und ββ-Homodimere. Im αββα-Komplex kommt es innerhalb der funktionellen αβ-Einheiten zu einer ausgeprägten allosterischen Kommunikation, die zur Koordination und starken wechselseitigen Stimulierung der beiden Teilreaktionen führt.
Im Rahmen von Genomsequenzierungsprojekten wurde in zahlreichen Archaeen, Bakterien und Pflanzen zusätzlich oder alternativ zum konventionellen trpB1-Gen ein trpB2-Gen identifiziert. Die trpB1-Gene finden sich in der Regel im trp-Operon und liegen dort benachbart zum trpA-Gen vor. Die meisten trpB2-Gene finden sich außerhalb (trpB2o und trpB2a), einige auch innerhalb (trpB2i) des trp-Operons. Während die Ähnlichkeit auf Aminosäureebene innerhalb der TrpB- und TrpB2-Familien etwa 60% beträgt, liegt sie zwischen den Familien bei ungefähr 30 %.
In früheren Arbeiten wurden die tmTrpA- und tmTrpB2o-Proteine aus dem hyperthermophilen Bakterium Thermotoga maritima, sowie die sTrpA-, sTrpB2a- und sTrpB2i-Proteine aus dem hyperthermophilen Arachaeon Sulfolobus solfataricus heterolog in E. coli exprimiert und gereinigt. Bei der anschließenden Charakterisierung konnte ein Komplex aus tmTrpA und tmTrpB2o bzw. sTrpA und sTrpB2a weder direkt nachgewiesen noch indirekt über die wechselseitige Stimulation der katalytischen Aktivitäten der Untereinheiten nachgewiesen werden. Dagegen wurde eine 300-fache Erhöhung der katalytischen Effizienz von sTrpA durch sTrpB2i beobachtet, ohne dass jedoch ein direkter Nachweis eines Komplexes aus diesen beiden Proteinen gelang. In der vorliegenden Arbeit wurden in zwei Projekten die Eigenschaften von TrpB2-Proteinen genauer untersucht.
Das erste Projekt behandelte das ungewöhnliche Komplexbildungsverhalten der Operon-kodierten Proteine sTrpB2i und sTrpA, deren Interaktion bisher lediglich indirekt über Aktivitätstitrationen nachgewiesen worden war. Mit Hilfe von Absorptions- und Fluoreszenzspektroskopie sowie analytischer Gelfiltration konnte nun gezeigt werden, dass sich durch den TrpA-Liganden Glycerin-3-phosphat (GP) und das TrpB-Substrat Serin die Bildung eines stabilen Komplexes aus sTrpA und sTrpB2i induzieren lässt, wobei beide Liganden für die Komplexbildung nötig sind. Fluoreszenztitrationen, isothermale Titrationskalorimetrie und analytische Ultrazentrifugation ergaben eine thermodynamische Dissoziationskonstante für die Bildung des Komplexes in Anwesenheit beider Liganden im Bereich von 300-1800 nM. Damit ist die Affinität zwischen sTrpA und sTrpB2i um ungefähr zwei Größenordnungen niedriger als die zwischen den TrpA-und TrpB1-Untereinheiten in prototypischen Tryptophan-Synthasen. Die Affinität des ligandeninduzierten Komplexes wird durch GP mindestens um den Faktor 1000 erhöht. Solche stark ligandenabhängigen Protein-Protein-Interaktionen wurden für Stoffwechselenzyme bisher sehr selten gefunden. Die Titrationsexperimente sowie densitometrisch ausgewertete analytische Gelfiltrationsexperimente ergaben zudem eine Komplex-Stöchiometrie von 0.5 sTrpA zu 1 sTrpB2i Untereinheiten. Die daraus abgeleitete ungewöhnliche αββ-Quartärstruktur, die durch umfangreiche analytische Ultrazentrifugationsexperimente bestätigt wurde, deutet auf eine stark ausgeprägte negative Kooperativität für die Bindung der zweiten α-Untereinheit an das αββ-Protomer hin. Aus der Untersuchung des Assoziationszustands in Anwesenheit von GP und verschiedenen anderen Substrat-, Übergangszustands- und Produktanaloga von TrpA lässt sich schließen, dass der Tryptophan-Synthase-Komplex aus sTrpA und sTrpB2i während des gesamten Katalysezyklus transient als αββ-Trimer vorliegt und vermutlich im Zuge der Freisetzung des Reaktionsproduktes Tryptophan in das α-Monomer und das ββ-Homodimer zerfällt.
Die Charakterisierung von in S. solfataricus überexprimiertem und gereinigtem sTrpB2i ergab keinerlei Hinweise auf posttranslationale Modifikationen, die das Komplexbildungsverhalten des nativen Enzyms beeinflussen könnten. In Übereinstimmung damit legt die Analyse des Assoziationszustands von sTrpB2i in Zellextrakten aus S. solfataricus nahe, dass auch in vivo die Bildung des Tryptophan-Synthase-Komplexes von der Bindung von Liganden abhängt.
Die physiologische Bedeutung der transienten, ligandenabhängigen Assoziation von sTrpA und sTrpB2i ist nicht verstanden. Es kann spekuliert werden, dass die beobachtete geringe Affinität von TrpB2i für sein Substrat Serin, die starke Abhängigkeit der Komplexbildung vom Sättigungsgrad mit Serin und die starke Aktivierung von sTrpA durch sTrpB2i die Rate der Tryptophan-Biosynthese eng an die cytosolische Verfügbarkeit von Serin koppelt. Ein derartiger Regulationsmechanismus könnte aus noch unbekannten Gründen einen Selektionsvorteil für S. solfataricus darstellen.
Das zweite Projekt dieser Arbeit behandelte die funktionelle Charakterisierung der außerhalb des trp-Operons kodierten tmTrpB2o- und sTrpB2a-Enzyme. Dabei ergab die Untersuchung der rekombinanten Proteine und die Analyse von Zellextrakten aus T. maritima und S. solfataricus, dass tmTrpB2o und sTrpB2a selbst nach Zugabe von GP und Serin weder in vitro noch in vivo einen Komplex mit dem jeweiligen TrpA-Enzym oder einem anderen, unbekannten Makromolekül ausbilden. Diese Ergebnisse legen nahe, dass tmTrpB2o, sTrpB2a und weitere außerhalb des trp-Operons kodierte TrpB2-Proteine eine andere physiologische Funktion als die Biosynthese von Tryptophan haben.
Um Hinweise auf diese Funktion zu erhalten, wurden ΔtrpB2o- und ΔtrpB1-Stämme des genetisch manipulierbaren hyperthermophilen Archaeons Thermococcus kodakaraensis hergestellt und ihr Wachstumsverhalten analysiert. Übereinstimmend mit der Hypothese einer alternativen Funktion, zeigte der ΔtrpB2o-Stamm keinen Phänotyp unter Tryptophan-Mangel, wohingegen der ΔtrpB1-Stamm unter diesen Bedingungen nicht überleben konnte. Mit tmTrpB2o und sTrpB2a durchgeführte steady-state enzymkinetische Messungen ergaben Michaelis-Menten-Konstanten im nanomolaren (KMIndol) bzw. millimolaren Bereich (KMSer), die auf eine hohe Affinität für Indol und eine sehr niedrige Affinität für Serin hindeuten. Basierend auf diesen Daten wurde angenommen, dass die in-vivo-Funktion von Trp2o- bzw. TrpB2a-Proteinen im Umsatz von Indol oder einem Indolderivat mit einem zweiten unbekannten Substrat X zu einem fluoreszierenden Indolderivat Y besteht. Bei der Suche nach den Substanzen X und Y wurde der Gehalt an Indolderivaten von wildtypischem T. kodakaraensis und ΔtrpB2o-Zellen über reversed phase HPLC mit Fluoreszenzdetektion und LC-MS verglichen. Mehrere im Zellextrakt des ΔtrpB2o-Stammes akkumulierte Substanzen fehlten im wildtypischen Extrakt. Diese Komponenten - eine davon ist das als Pflanzenhormon bekannte Auxin - sind Kandidaten für das TrpB2o-Substrat X. Dagegen wurden im Wachstumsmedium des wildtypischen Stammes vier durch T. kodakarensis sezernierte Substanzen nachgewiesen, die im Medium des ΔtrpB2o-Stammes nicht detektierbar waren. Diese Komponenten, deren strukturelle Verwandtschaft mittels MS-MS-Fragmentierungsstudien belegt wurde, stellen Kandidaten für das TrpB2o-Produkt Y dar. Die Funktion der TrpB2o- und TrpB2a-Proteine sollte in Zukunft über die Identifizierung dieser Substanzen aufzuklären sein.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Multi-enzyme complexes are used by cells to coordinate the catalysis of successive reactions within metabolic pathways. One of the best studied multi-enzyme complexes is tryptophan synthase, which has been used for decades as a model system to investigate the structural basis and functional consequences of protein-protein interactions. The prototypical tryptophan synthase found in the mesophilic ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Multi-enzyme complexes are used by cells to coordinate the catalysis of successive reactions within metabolic pathways. One of the best studied multi-enzyme complexes is tryptophan synthase, which has been used for decades as a model system to investigate the structural basis and functional consequences of protein-protein interactions. The prototypical tryptophan synthase found in the mesophilic bacteria Salmonella typhimurium and Escherichia coli is a stable hetero-tetrameric αββα complex, which catalyses the formation of tryptophan from indole-3-glycerol phosphate (IGP) and serine. TrpA catalyzes the reversible cleavage of IGP into glyceraldehyde-3-phosphate (GA3P) and indole. The indole migrates through a hydrophobic channel to an active site of an attached TrpB1 subunit, where it condenses with L-serine to form L-tryptophan. The isolated TrpA and TrpB1 proteins form stable but poorly active α-monomers and ßß-homodimers, which strongly activate each other in the αββα complex and show a pronounced allosteric communication.
Genome sequencing projects identified two different trpB genes (trpB1 and trpB2) in many Archaea, Bacteria and plants. Most trpB1 genes, which correspond to the conventional trpB genes, are localized in the trp operon adjacent to trpA. Most trpB2 genes are located outside this operon (trpB2o and trpB2a), whereas some are found within (trpB2i).
Former works had shown that the corresponding TrpB2o, TrpB2a and TrpB2i Proteins significantly differ in their association behaviour towards TrpA. TrpB2o and TrpB2a do not form a functional or physical complex with TrpA, whereas TrpB2i strongly activates TrpA. The two enzymes show a weak interaction in presence of IGP and serine, as shown in activity titrations. Interestingly, TrpB2i and TrpA do not form a detectable physical complex in absence of substrates. It has been concluded, that the two enzymes transiently interact during catalysis to form a functional tryptophan synthase complex. However, this complex could not be detected and characterized. This work further investigated the properties of TrpB2 proteins.
The first project in this work dealt with the exceptional complex formation behaviour of TrpB2i, whose interaction with sTrpA had only be shown by activity titrations. It could be shown that the formation of a stable tryptophan synthase complex strongly depends on the presence of the non-cleavable TrpA ligand glycerol-3-phosphate (GP) and the TrpB ligand serine. This association depends on the presence of both ligands and the affinity of the complex is increased at least by a factor of 1000 by the TrpA ligand GP. Such a strong ligand dependency of protein-protein interactions has rarely been described for metabolic enzymes but mainly for proteins involved in cellular signalling.
It could be unequivocally shown that the ligand-stabilized complex of TrpA and TrpB2i has an uncommon αββ quarternary structure, probably due to a strongly pronounced negative cooperativity for the binding of the second α subunit to the αββ protomer. By investigating the association state of the enzymes in presence of different substrate-, transition state- and product analogues it became clear that the tryptophan synthase complex of TrpA and TrpB2i is probably stable during the complete catalytic cycle and always is a αββ trimer.
By characterization of the native TrpB2i enzyme from the hyperthermophilic archaeon Sulfolobus solfataricus it could be shown that no posttranslational modifications alter complex formation behaviour. Analysis of the association state of TrpB2i in cell extracts from S. solfataricus demonstrated that there is most probably also a ligand dependent tryptophan synthase complex in vivo.
The physiological role of the transient, ligand-dependent complex of TrpA and TrpB2i is not clear. It is speculated that the low affinity of TrpB2i for its substrate serine, its strong dependence of complex formation with TrpA on serine saturation and the 300-fold activation of TrpA by TrpB2i binding strongly couples tryptophan biosynthesis to the cytosolic concentration of serine. This regulatory mechanism could be a selection advantage for still unknown reasons.
The second project of this work covered the functional characterisation of TrpB2 enzymes encoded outside of the trp operon, namely TrpB2a and TrpB2o. These proteins do not show any functional or physical interaction with their respective TrpA proteins. By analyzing the association state of native TrpB2a from Sulfolobus solfataricus and TrpB2o from Thermotoga maritima in their respective cell extracts, it could be demonstrated that both proteins most probably do not form a stable complex with TrpA or another unknown protein in vivo. Still, the TrpB2a and TrpB2o enzymes catalyze the tryptophan synthase B-reaction (formation of tryptophan from indole and serine), albeit with low efficiency, which suggests that they have an alternative function in vivo. To elucidate this function, ΔtrpB2o and ΔtrpB1 strains of the hyperthermophilic archaeon Thermococcus kodakaraensis were created and characterized.
In accordance with the hypothesis of an alternative function, the ΔtrpB2o strain had no phenotype under tryptophan starvation conditions, whereas a ΔtrpB1 strain could not thrive without tryptophan. It was concluded that TrpB2o is not relevant for tryptophan synthesis in vivo. Steady-state enzyme kinetics showed that TrpB2o has an extremely high affinity for indole as indicated by a Michaelis constant (KMindole) in the nanomolar range, but an extremely low affinity for serine as indicated by a Michaelis constant (KMserine) in the millimolar range. Based on this data it was hypothesized that the in vivo function of TrpB2o is to catalyse the reaction of indole with a second substrate X other than serine to a fluorescent indole derivative Y. In a search for compounds X and Y, the content of indole derivatives of Thermococcus kodakarensis wild-type and ΔtrpB2o strains was analysed by reversed-phase HPLC with fluorescent detection and LC-MS. Several compounds accumulating in the ΔtrpB2o which were absent in the wild-type strain were found. These compounds are candidates for the TrpB2o substrate X, one of which was the plant hormone auxin. Moreover, the wild-type strain produced four additional compounds which were absent in ΔtrpB2o, all of them being secreted to the growth medium. These compounds are candidates for the TrpB2o product Y. The other additional compounds might be intermediates of a new metabolic pathway which includes the TrpB2o enzyme. Ongoing research heads for the identification of these compounds.
Metadaten zuletzt geändert: 26 Nov 2020 09:39