| PDF (6MB) |
- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-274475
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.27447
Dokumentenart: | Konferenz- oder Workshop-Beitrag (Paper) |
---|---|
Datum: | 2013 |
Institutionen: | Sprach- und Literatur- und Kulturwissenschaften > Institut für Romanistik > Romanische Philologie – Literaturwissenschaft |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 400 Sprache > 440 Französisch, romanische Sprachen allgemein |
Status: | Im Druck |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 27447 |
Zusammenfassung
Die sehr enge und überaus fruchtbare Zusammenarbeit von Louis Aragon und Malern und Photographen seiner Zeit ist weithin bekannt und wurde in der Forschung bereits intensiv untersucht. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Auslotung der reichen Wechselbeziehungen zwischen Aragons literarischen Texten und Kunstwerken von Picasso, Matisse oder Masson. Dass sich jedoch auch seine Frau Elsa ...
Zusammenfassung
Die sehr enge und überaus fruchtbare Zusammenarbeit von Louis Aragon und Malern und Photographen seiner Zeit ist weithin bekannt und wurde in der Forschung bereits intensiv untersucht. Im Mittelpunkt steht dabei vor allem die Auslotung der reichen Wechselbeziehungen zwischen Aragons literarischen Texten und Kunstwerken von Picasso, Matisse oder Masson. Dass sich jedoch auch seine Frau Elsa Triolet in der Spätphase ihres Schaffens verstärkt mit dem ästhetischen Potential der Kombination von Bild und Text auseinandersetzte tritt vielfach – wie das literarische Werk der Autorin überhaupt – in den Hintergrund. Ihr Weg der medialen und thematischen Bezugnahme von Text auf Bild und Bild auf Text ist zweifelsohne ein anderer als der ihres illustren Gatten, birgt jedoch überaus interessante Erkenntnisse in sich, die es (noch) deutlicher zu erforschen gilt (Ansätze bei Adereth 1994; Arrouye 1991; Béguin 1991).
Spricht man von dem engen Wechselverhältnis von Aragon und Triolet gerade mit Blick auf die Spielarten und Bedeutungsrelationen von Text und Bild(bezügen), so muss auch der gemeinschaftlichen Gesamtwerkausgabe des Autorenpaares Beachtung geschenkt werden: Das zwischen 1964 und 1974 erschienene 42-bändige Monumentalprojekt Des œuvres romanesques croisées d’Elsa Triolet et Aragon (= ORC) erscheint mit Illustrationen. Diese intensive Beschäftigung mit der Frage adäquater Illustration der Werke war wohl Initialzündung für Triolets weitere Auseinandersetzung mit materiell realisierten Text-Bild-Kombinationen (vgl. Rezvani Khorasani 1995: 464).
Elsa Triolet experimentierte nicht nur auf vielfältige Weise mit den künstlerischen Möglichkeiten der Wechselbezüge zwischen textuellen und visuellen Bildern, sondern setzte sich auch poetologisch mit der Thematik auseinander; wenngleich ihre Form poetologischer Reflexion – wie etwa in La Mise en mots (1969) – nie rein theoretischen Charakter annimmt, sondern stets Teil ihrer autofiktionalen Narration ist (vgl. hierzu Ditschler 2004).
Eines von Triolets wichtigsten Schreibverfahren ist die Collage: dabei verknüpft und verarbeitet sie nicht nur (literarische) Zitate mit ihrem Text, sondern auch Bildzitate. Dies erfolgt zum einen im Sinne von Nennungen und Anspielungen auf diverse Bildmedien, zum anderen aber durch materialisierte Abbildungen und Illustrationen, die in das Textgefüge einmontiert werden. Bei diesen „citations picturales“ handelt es sich zumeist um „éléments préfabriqués“ und um äußerst heterogenes Bildmaterial (Photos, Skizzen, Radierungen und Graphiken, Reproduktionen von Gemälden und Aquarellen).
Während Elsa Triolets Rekurs auf Bilder etwa in Le Grand Jamais (1965) und La Mise en mots nur auf thematisch-inhaltlicher Ebene erfolgt (besonders hervorzuheben ist der leitmotivische Gebrauch des Bildes des Heiligen Sebastian, das sie als Metapher für ihr künstlerisches Verhältnis zu Aragon verwendet), entwickelt sie im ihrem Roman Écoutez-voir (1968) die Subgattung eines bimedialen Schreibverfahrens, das sie als ,roman imagé‘ bezeichnet. Im Unterschied zum roman illustré ist das Bild ihrer Meinung nach nicht allein illustrierendes Akzessorium zum Text, sondern stehe in enger Symbiose zum Text und bilde mit diesem ein organisches Ganzes.
Die Ausführungen möchten einen kleinen Ein- und Überblick in die unterschiedlichen Spielformen der Wechselbeziehungen zwischen Text und Bild in Triolets Spätwerk geben. Dabei wird unter anderem auch die Frage nach den (möglicherweise genderspezifisch bedingten) Unterschieden zu Aragons literarischer Inszenierung von Bild-Text-Bezügen beleuchtet.
Der Beitrag stützt sich dabei maßgeblich auf das Intermedialitätsverständnis von Rajewsky (2002), wobei mit Blick auf die Klassifizierung und Bewertung des Bild-Text-Verhältnisses auf Kibédi Vargas (1989; 1990) Modell rekurriert wird. Dem Text-Bild-Verhältnis nähert sich die interpretierende Analyse des Spannungsverhältnisses von Bildern und Text vornehmlich aus semiotischer Perspektive (Nöth 2000; 2004; Nöth/Santaella Braga 2000), die für die literaturwissenschaftliche Lektüre fruchtbar gemacht wird (vgl. z.B. Hertrampf 2011; Rippl 2004; 2006). Da es sich im Falle von Triolets La Mise en mots und Écoutez-voir um bimediale Werke handelt, wird auch der Frage der Benennung nachgegangen werden: Triolets Definition des roman imagé findet sich nämlich interessanterweise in der neueren theoretischen Reflexion über bimediale Schreibverfahren widergespiegelt, so etwa in Nerlichs (1990) Definition des Ikono-Texts. Zu diskutieren wird hierbei sein, ob sich das Text-Bild-Verhältnis bei Triolet tatsächlich als symbiotische Einheit darstellt und ein organisches Ganzes bildet oder ob es sich letztlich nicht doch um ein komplementäres Nebeneinander der Medien handelt.
Metadaten zuletzt geändert: 26 Nov 2020 03:16