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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-330323
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.33032
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 6 Juli 2016 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Jörg Heilmann |
Tag der Prüfung: | 4 Dezember 2015 |
Institutionen: | Chemie und Pharmazie > Institut für Pharmazie > Lehrstuhl Pharmazeutische Biologie (Prof. Heilmann) |
Stichwörter / Keywords: | Flavonoide, Quantifizierung, Glucuronidase |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 615 Pharmazie |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 33032 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Die anti-inflammatorische Wirkung der Weidenrinde wird über das Zusammenspiel vieler Inhaltsstoffe und Inhaltsstoffgruppen erklärt. Neben dem aus den Salicylalkoholderivaten entstehenden Salicin, welches in vivo zur Salicylsäure metabolisiert wird, tragen die Flavonoide und auch die Gerbstoffe zur Wirkung bei. Die Bedeutung des aus der 1-Hydroxy-6-oxo-2-cyclohexen-1-carbonyl Untereinheit einiger ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Die anti-inflammatorische Wirkung der Weidenrinde wird über das Zusammenspiel vieler Inhaltsstoffe und Inhaltsstoffgruppen erklärt. Neben dem aus den Salicylalkoholderivaten entstehenden Salicin, welches in vivo zur Salicylsäure metabolisiert wird, tragen die Flavonoide und auch die Gerbstoffe zur Wirkung bei. Die Bedeutung des aus der 1-Hydroxy-6-oxo-2-cyclohexen-1-carbonyl Untereinheit einiger Salicylalkoholderivate entstehenden in vitro anti-inflammatorisch aktiven Catechols wurde kürzlich als weiteres wirksames Prinzip der Weidenrinde beschrieben. Auch für die Flavanon-aglyka Naringenin und Eriodictyol, welche in der Droge glucosidisch gebunden vorkommen, konnte in vitro eine anti-inflammatorische Wirkung gezeigt werden.
Daher wurden im Rahmen dieser Arbeit zwei Gehaltsbestimmungsmethoden zur Erfassung des Gesamt-catechol- und des Gesamt-flavanon-gehalts entwickelt. Die Bestimmung der HCC-Untereinheit und des genuin enthaltenen Catechols als Gesamt-catechol konnte durch eine enzymatische Esterhydrolyse und anschließende Oxidation durch Luftsauerstoff erreicht werden. Die Quantifizierung erfolgte mittels HPLC-DAD Analyse. Der Hauptvertreter der Salicylalkoholderivate und gleichzeitig die Vorstufe des Catechols und Salicins, das Salicortin, wurde als Standardsubstanz verwendet. Neben weiteren Validierungsparametern dienten die Wiederfindungen des entstehenden Salicins und Catechols sowie die Stabilität des bereits im genuinen Extrakt enthaltenen Catechols, als Kontrolle. Es konnte in dem für die Etablierung und Validierung verwendeten Weidenrindenextrakt ein Gesamt-catecholgehalt von 3,33% bestimmt werden.
Die simultane Quantifizierung von Flavanon-glucosiden, Chalkon-glucosiden sowie von cumaroylierten Flavanon-glucosiden basierte auf einer bestehenden Methode, welche um die Bestimmung der Eriodictyolderivate erweitert wurde. Durch die kombinierte saure Hydrolyse mit nachfolgendem enzymatischen β-Glucosidase-Verdau konnten unter Entwicklung eines geeigneten HPLC-DAD Gradienten die oben genannten Verbindungen als Naringenin und Eriodictyol quantifiziert werden. Für den STW-Weidenrindenextrakt ließ sich so ein Flavanon-gesamtgehalt von 8,66% ermitteln, welcher sich aus 8,12% Gesamt-naringenin und 0,54% Gesamt-eriodictyol zusammensetzte. Mit den beiden in der vorliegenden Arbeit entwickelten und validierten Gehaltsbestimmungsmethoden können nun neben den Salicylalkoholderivaten, welche nach der Arzneibuchmethode als Salicin quantifiziert werden, mit den Flavanonen und den potentiell Catechol-liefernden Strukturen zwei weitere Inhaltsstoffgruppen quantifiziert werden, welche zur Wirksamkeit der Weidenrinde beitragen können.
Die mit Weidenrinde verabreichten polyphenolischen Verbindungen, besonders die Flavanon-glucoside, wurden hinsichtlich ihrer Metabolisierung im Gegensatz zur Metabolisierung des Salicins und der HCC-Untereinheit, noch nicht untersucht. Deshalb war ein Ziel der Arbeit auch die Identifizierung polyphenolischer Metaboliten in humanem Serum zu realisieren. Im Rahmen einer klinischen Studie wurde einer Gruppe von zehn gesunden Probanden am Prüftag die Tagesmaximaldosis eines Weidenrindenpräparats (Optovit® ActiFLEX) verabreicht. Es erfolgten 11 Blutentnahmen (Blutentnahme nüchtern bis 24 h nach Applikation). Zwei der zehn Probanden nahmen keinen Extrakt ein und dienten als Kontroll-gruppe. Ab 19 h vor Applikation wurde eine strenge polyphenolfreie Diät eingehalten. Am Prüftag nahmen die Probanden an standardisierten polyphenolfreien Mahlzeiten teil. Nach qualitativer und quantitativer Untersuchung der Prüfmedikation hinsichtlich polyphenolischer Inhaltsstoffe wurde eine Datenbank über mögliche Phase-II-Metaboliten der Inhaltstoffe erstellt.
Mittels HPLC-MS und HPLC-MS/MS Analyse der Serumproben sowie Abgleich mit der Datenbank und Vergleich mit Referenzsubstanzen nach enzymatischer Aufarbeitung mit β-Glucuronidase und Sulfatase einiger Analysen, konnten 17 Metaboliten identifiziert werden. Darunter waren acht überwiegend sulfatierte als auch glucuronidierte neben gemischten glucuronidiert-sulfatierten Flavonoid Phase-II-Metaboliten. Die Massen einzelner Metaboliten wurden teils zu mehreren Retentionszeiten detektiert. Eine Verbindung konnte als Naringenin-7-O-β-D-glucuronid bestätigt werden. Des Weiteren konnten zwei mögliche Ringspaltprodukte der Flavonoide ermittelt werden. Die bereits für Salicylalkoholderivate bekannten Metaboliten Salicylsäure, Salicylursäure, Catechol-sulfat und -glucuronid konnten ebenfalls detektiert werden und waren nur geringfügigen interindividuellen Schwankungen unterlegen. Ebenso waren Phase-II-Metaboliten des Saligenins und der Salicylsäure im Serum präsent, welche bisher noch nicht beschrieben wurden. Eine differenzierte Analyse der einzelnen Probanden zu den einzelnen Zeitpunkten ergab, dass das Vorkommen aller entstehenden Phase-II-Metaboliten der Flavonoide starken interindividuellen Schwankungen unterlag. Sie waren bereits nach 0,5 h im Serum detektierbar, jedoch sanken sie maximal 8 h nach Applikation der Prüfmedikation wieder unter das Detektionslimit. Aufgrund der ermittelten tmax Werte von 0,5-2 h für die Phase-II-Metabolite der Flavonoide ist eine Resorption im oberen GIT wahrscheinlich. Zudem konnten Unterschiede in der Geschwindigkeit der Entstehung der einzelnen Metaboliten beobachtet werden. So hatten z.B. die einfach konjugierten nach 0,5-1 h, die zweifach konjugierten erst nach 2 h ihr tmax erreicht. Die potenziellen Ringspaltprodukte waren ebenfalls nach 0,5 h detektierbar. Dies spricht gegen einen Ursprung aus der mikrobiellen Flavonoid-metabolisierung des Kolons. Jedoch waren sie bis zu 24 h im Serum präsent, was im hinteren Zeitverlauf für eine Entstehung durch die Metabolisierung im Kolon sprechen würde. Die hier durchgeführte Identifizierung der in vivo entstandenen polyphenolischen Metaboliten liefert einen Überblick über die relevanten humanen Phase-II-Metaboliten und kann so einen Beitrag zur Aufklärung des wirksamen Prinzips der Weidenrinde leisten.
Die Tatsache, dass im Gegensatz zur Salicylsäure kein freies, in vitro aktives Catechol oder freie Flavonoide oder Ringspaltprodukte im Serum humaner Probanden detektiert wurden, war Anlass für in vitro Testungen mit Phase-II-Metaboliten. Die Diskrepanz für die pharmakologische Aktivität der in vivo ermittelten polyphenolischen Phase-II-Metaboliten, welche meist im in vitro Modell „inaktiv“ sind und ihrer „aktiven“ korrespondierenden Aglyka, wird über eine in vivo Dekonjugation durch β-Glucuronidase erklärt. Auch im Rahmen dieser Arbeit konnte eine Inaktivität in vitro von zwei im anti-inflammatorischen ICAM-1 Assay getesteten Phase-II-Metaboliten (Naringenin-7-O-β-D-glucuronid und Catechol-sulfat) beobachtet werden. Die Entwicklung eines Dekonjugations-Testsystems an für im Entzündungsgeschehen wichtige Monozyten wurde mit Hilfe einer monozytischen humanen Zellline realisiert. Diese Zellline besitzt konstitutive β-Glucuronidase Aktivität, welche durch einen spezifischen Inhibitor unterdrückt werden konnte. Das Testsystem mit anschließender HPLC-DAD Analyse wurde verwendet um das Dekonjugationsverhalten von 14 Polyphenol-glucuroniden zu untersuchen. Im Gegensatz zu der postulierten breiten Substratspezifität der β-Glucuronidase konnte gezeigt werden, dass das Enzym gegenüber bestimmten Polyphenolen eine Substratspezifität besitzt. So war die Glucuronidierungsposition der Kämpferol-glucuronide ausschlaggebend für eine Dekonjugation. Auch ein Einfluss der Doppelbindung zwischen C2 und C3 von 7-O-Glucuroniden konnte gezeigt werden. Der Hydroxylierungsgrad des B-Rings scheint dagegen keinen Einfluss auf die Spaltung durch β-Glucuronidase zu haben. Die Ergebnisse des in vitro Testsystems wurden von in silico Analysen begleitet, welche teilweise kongruent waren. Des Weiteren lieferten die in silico Analysen Informationen zur Bindungsweise der Flavonoid-glucuronide am Enzym. Es konnte gezeigt werden, dass die Glucuronsäure-Untereinheit in der Haupttasche des Enzyms bindet, die x-O-Glucuronide aber verschiedene Seitentaschen belegen. Deshalb kann postuliert werden, dass der Übergangszustand des Enzym-Substrat-Komplexes von der Substratstruktur abhängig ist und die Geschwindigkeit der Dekonjugation beeinflusst.
Das komplexe Zusammenspiel der Metabolisierung von Polyphenolen und der in vivo Dekonjugation am Entzündungsort ist von vielen Faktoren abhängig und noch nicht aufgeklärt. Die vorliegende Arbeit liefert durch die Identifizierung der relevanten polyphenolischen Phase-II-Metaboliten aus Salix und der gleichzeitigen Ermittlung potentiell aktiver Substanzen hierzu einen Beitrag. Die Ergebnisse sind nicht nur für die in vivo Metabolisierung und Wirksamkeit der polyphenolischen Inhaltsstoffe der Weidenrinde von Bedeutung, sondern ebenfalls für flavonoidhaltige Drogen oder Nahrungsmittel wertvoll.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The anti-inflammatory effect of willow bark is assigned to various constituents. Besides salicylic alcohol derivatives, flavonoids and tannins contribute to the pharmaceutical effect. The anti-inflammatory impact of catechol, an in vitro degradation product of the 1-hydroxy-6-oxo-2-cyclohexen-1-carbonyl moiety (HCC-moiety) of several salicylic alcohol derivatives was recently discussed. ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The anti-inflammatory effect of willow bark is assigned to various constituents. Besides salicylic alcohol derivatives, flavonoids and tannins contribute to the pharmaceutical effect. The anti-inflammatory impact of catechol, an in vitro degradation product of the 1-hydroxy-6-oxo-2-cyclohexen-1-carbonyl moiety (HCC-moiety) of several salicylic alcohol derivatives was recently discussed. Furthermore, the flavanones naringenin and eriodictyol, present as glycosides in plant material, show anti-inflammatory effects in vitro.
Therefore, quantification methods on the total catechol and total flavanone content were developed. The quantification of genuine catechol and the degradation of the HCC-moiety to catechol was accomplished by enzymatic ester hydrolysis and oxidation. Analysis was carried out by HPLC-DAD. Salicortin, the main salicylic alcohol derivative possessing the HCC-moiety was used as standard. Besides many validation parameters, recovery of the formed salicin and catechol, as well as the stability of genuine catechol under reaction conditions were determined. A total catechol content of 3.33% was obtained for the investigated willow bark extract.
The simultaneous quantification of flavanone-, chalcone- and cumaroylated flavanone-glycosides as naringenin based on an existing method was completed considering eriodictyol-glycosides. A combined acidic and enzymatic hydrolysis with β-glucosidase and subsequent optimization of the HPLC-DAD conditions lead to the quantification of naringenin and eriodictyol. The investigated willow bark extract contained 8.66% total flavanones, composed of 8.12% total naringenin and 0.54% total eriodicytol. Besides quantification of salicylic alcohol derivatives according to the monograph “Salicis cortex” of the European Pharmacopoeia, the developed and validated quantification methods on total catechol and total flavanone content enable the quantification of two further pharmaceutically relevant groups of secondary plant derivatives.
Unlike the metabolisation of salicylic alcohol derivatives and the HCC-moiety, the metabolisation of polyphenols, especially of flavanone-glycosides after application of a willow bark extract was not jet investigated. Therefore, a further aim of this study was the identification of polyphenolic metabolites in human serum samples after oral intake of a Salicis cortex extract. Within the frame of a clinical trial, a willow bark extract was applied to ten healthy volunteers. Blood samples were taken before and up to 24 h after intake of the extract (11 points in time). Two of the volunteers participated in blood withdrawal without taking the medication (control group). A strict polyphenol free diet up to 19 h before drug intake and standardized polyphenol free meals were kept during the clinical trial. A qualitative and quantitative screening of polyphenols of the test medication was the basis for the establishment of a database on possible polyphenol metabolites.
HPLC-MS and HPLC-MS/MS analysis of serum samples and subsequent database analysis, as well as enzymatic hydrolysis of sulfated and glucuronidated metabolites and comparison with reference substances revealed 17 polyphenol metabolites. Mainly sulfated and glucuronidated in addition to glucuronidated-sulfated flavonoid phase-II-metabolites were detected. Masses of identified compounds were partly detected at several retention times. One metabolite could be confirmed as naringenin-7-O-β-D-glucuronide. Furthermore, two possible metabolites of the gut microflora were detected. As metabolites of the salicylic alcohol derivatives, salicylic acid, 2-hydroxyhippuric acid as well as catechol-sulfate and -glucuronide were detected with only slight interindividual fluctuations. Additionally, phase-II-metabolites of salicylic alcohol and salicylic acid were present in serum samples. A differentiated analysis of all blood withdrawal dates revealed strong interindividual fluctuations of flavonoid phase-II-metabolites. The conducted identification of in vivo polyphenolic phase-II-metabolites gives an overview on all relevant metabolites and thus may contribute to the identification of the active principle of willow bark extract.
Except salicylic acid, no unconjugated forms of the in vitro active catechol, flavonoids and microbial metabolites were present in serum samples. This was the reason that their impact on the pharmacologically activity of willow bark was investigated in more detail. As in own studies the inactivity of two polyphenol phase-II-metabolites (naringenin-7-O-β-D-glucuronide and catechol-sulfate) in an anti-inflammatory ICAM-1 assay system was observed, a deconjugation test system on a human monocytic cellline was developed. The cells showed a constitutive β-glucuronidase activity which could be suppressed by a specific β-glucuronidase inhibitor. The test system in combination with HPLC-DAD analysis was used to investigate 14 polyphenol-glucuronides upon their deconjugation behavior. In contrast to the postulated broad specifity of β-glucuronidase, some differences in substrate specifity concerning polyphenol-glucuronides could be detected. For example, the conjugation position of kaempferol-glucuronides was crucial for cleavage by the enzyme. The results of the in vitro testing were partly confirmed by in silico analysis. In silico studies also provided information on the binding modus of the flavonoid glucuronides to the enzyme. Docking experiments showed that the glucuronic acid moiety is located in the main pocket of the enzyme, but the different x-O-glucuronide-type ligands can occupy different side pockets.
The complex interaction of metabolisation and in vivo deconjugation is not jet entirely understood. This study provides the identification of relevant in vivo phase-II-metabolites after intake of a willow bark extract and the simultaneous determination of potential active compounds. The results are not only important for the in vivo metabolisation and efficacy of polyphenolic constituents of willow bark but also for other medicinal plants and foods containing polyphenols.
Metadaten zuletzt geändert: 25 Nov 2020 23:19