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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-335335
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.33533
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 1 April 2016 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Kurt E. Klein |
Tag der Prüfung: | 3 Februar 2016 |
Institutionen: | Wirtschaftswissenschaften > Institut für Immobilienenwirtschaft / IRE|BS > Entpflichtete oder im Ruhestand befindliche Professoren > Wirtschaftsgeographie und Professur für Handelsimmobilien (Prof. Dr. Kurt Klein) Philosophie, Kunst-, Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften > Institut für Geographie > Entpflichtete und im Ruhestand befindliche Professoren > Wirtschaftsgeographie und Professur für Handelsimmobilien (Prof. Dr. Kurt Klein) Philosophie, Kunst-, Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften > Institut für Geographie Philosophie, Kunst-, Geschichts- und Gesellschaftswissenschaften > Institut für Geographie > Lehrstuhl für Wirtschaftsgeographie |
Stichwörter / Keywords: | agentenbasierte Modellierung, Multiagentensystem, Einzelhandel, Simulation, Konsumentenverhalten, Prognose, Szenarien, Emergenz, strategische Standortplanung, Einzelhandel, E-Commerce, Modellierung, integrative Methode, Validierung, Verifizierung, Kalibrierung agent-based modeling, multi-agent system, retail, simulation, consumer behavior, forecasting, scenarios, emergence, strategic location planning, retail, e-commerce, modeling, integrative method, validation, verification, calibration |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 300 Sozialwissenschaften > 330 Wirtschaft 300 Sozialwissenschaften > 380 Handel, Kommunikation, Verkehr 900 Geschichte und Geografie > 910 Geografie, Reisen |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 33533 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Überprüfung und Weiterentwicklung der Methode der Multiagentensysteme für die Prognosezwecke im Einzelhandel. Die konkrete Zielsetzung der Arbeit ist der Entwurf eines integrativen Systems zur Simulation möglicher Zukunftsszenarien des (räumlichen) Konsumentenverhaltens. Basierend auf einer heterogenen Informationslandschaft und unterschiedlichen ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Im Rahmen dieser Arbeit liegt der Fokus auf der Überprüfung und Weiterentwicklung der Methode der Multiagentensysteme für die Prognosezwecke im Einzelhandel. Die konkrete Zielsetzung der Arbeit ist der Entwurf eines integrativen Systems zur Simulation möglicher Zukunftsszenarien des (räumlichen) Konsumentenverhaltens. Basierend auf einer heterogenen Informationslandschaft und unterschiedlichen Theorieansätzen soll am Beispiel des Großraums Ingolstadt ein Multiagentensystem im Bereich Elektroeinzelhandel entwickelt werden.
Um das Elektro-Einzelhandelssystem mit seinen Marktteilnehmern zu verstehen, ist es zunächst notwendig, die einzelnen Akteure und die grundsätzlichen Strukturen und Zusammenhänge sowie deren historische und aktuellen Entwicklungspfade aufzuzeigen. Das Marktgeschehen wird im Wesentlichen durch Anbieter und Konsumenten, beeinflusst durch die herrschenden gesellschaftlichen, technologischen und politisch/administrativen Rahmenbedingungen, bestimmt.
Betrachtet man den Elektroeinzelhandel, so kommt es auf Warengruppenebene zu innovationsgetriebenen Bedeutungsverschiebungen. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2013 kann im Bereich TV-Geräte, welche Gegenstand des modellierten Konsumentenverhaltens innerhalb von TESI (TV-Einkauf Simulation Ingolstadt) sind, ein massiver Absatzrückgang verzeichnet werden. Dies ist mit einem Rückgang der hohen Anschaffungsneigung im Rahmen der Markteinführung der Flachbildschirme in diesem Segment zu begründen. Neben einem veränderten produktspezifischen Nachfrageverhalten hat ein Wandel in der Einkaufsstättenwahl der Konsumenten einen starken Rückgang der kleinflächigen Anbieter in den letzten Jahrzehnten zur Folge. Die aktuelle E-Commerce-Dynamik der vergangenen Jahre gibt Anlass zur Annahme eines weiteren strukturellen Wandels in den nächsten Jahrzehnten.
Neben diesen allgemeinen Marktgeschehnissen ist es notwendig, einen Überblick über den Status quo der Methoden der Standortplanung im Einzelhandel zu geben. Hier trifft man im Wesentlichen auf vergleichsweise tradierte, statische Methoden, welche grundlegende Veränderungen im Konsumentenverhalten nur bedingt berücksichtigen und somit die Notwendigkeit für neue dynamische Vorgehensweisen erkennen lassen.
Vor diesem Hintergrund stellt die agentenbasierte Simulation einen interessanten Ansatzpunkt dar, in der eine Reihe der Defizite Berücksichtigung findet und sich vielfältige Einsatzmöglichkeiten für die Analyse der Wechselwirkungen zwischen Konsumentenverhalten und räumlichen Einzelhandelsstrukturen ergeben. Zu berücksichtigen ist allerdings die Tatsache, dass den umfassenden Möglichkeiten eine Reihe von Herausforderungen, wie z. B. der hohe Aufwand bei der Erstellung einer geeigneten Datengrundlage, komplexe, vielfältige Validierungsansätze und fehlende Standards für die Nutzung derartiger Simulationen entgegen stehen. Diese Aspekte führen zu einer vergleichsweise geringen Benutzerfreundlichkeit und damit verbunden zu einer bislang eingeschränkten Verbreitung in der Praxis.
Basierend auf dem gewählten Forschungsdesign werden die so bislang gewonnenen abstrakten, grundlegenden Erkenntnisse auf die konkrete Situation innerhalb des Untersuchungsgebiets angewendet. Zu diesem Zweck werden zunächst eine telefonische Haushaltsbefragung zum Konsumentenverhalten im Elektroeinzelhandel und eine Kartierung der Angebotsstandorte für die Sortimente in der Region Ingolstadt durchgeführt. Diese beiden Quellen geben Aufschluss über Prozesse und Strukturen und zeigen grundlegende Zusammenhänge auf, welche für die Modellierung und anschließende Simulation innerhalb eines Multiagentensystems eine wichtige Basis darstellen. Aus dieser Untersuchung ergibt sich bspw. ein relevanter Zusammenhang zwischen dem Alter und diversen Verhaltensweisen innerhalb des Kaufprozesses, wie z. B. der E-Commerce-Affinität oder der Bereitschaft Distanzen für einen stationären Einkauf zurückzulegen.
Hieraus wird am Beispiel des individuellen Einkaufsverhaltens bei Fernsehgeräten die „TV-Einkaufs-Simulation-Ingolstadt“ TESI konzipiert und in der generischen Entwicklungsumgebung SeSAm umgesetzt. Innerhalb des Grundmodells werden die wesentlichen Bausteine der Agenten, die Wahrnehmung als Kombination aus Sensorik und internem Zustand sowie die daraus resultierende Effektorik im definierten Einkaufsprozess dargestellt. Aufgrund der besseren Verständlichkeit wird das gesamte Modell in einzelne Partialmodelle aufgeteilt. Im Einzelnen handelt es sich hierbei um ein Demographie-Modul, welches die wichtigsten Entwicklungen der Haushalts-Agenten während der Simulation aufzeigt und somit ein repräsentatives Abbild der Bevölkerungsstruktur als Basis für das Konsumverhalten zur Verfügung stellt. Des Weiteren wird der Kaufentscheidungsprozess in ein Modell der Bedarfsentstehung für Fernsehgeräte und darauf aufbauend eine Kanalentscheidung zwischen Online- und Offline und im Fall der Entscheidung für eine stationäre Einkaufsstätte ein Baustein, in welchem die Auswahl eines konkreten Geschäfts modelliert wird, aufgeteilt. Als Aktivität der Geschäftsagenten wird eine optionale Schließungsreaktion integriert. Diese Bausteine werden zu „TESI“ kombiniert und können über eine Bedienoberfläche parametrisiert und definiert werden, um unterschiedliche Szenarien zu simulieren und im Anschluss auszuwerten.
Beispielhaft werden auf Basis dieser methodischen Entwicklung drei Szenarien des zukünftigen Einkaufsverhaltens beim Einkauf von TV-Geräten vorgestellt und die Auswirkungen auf die bestehenden Strukturen ausgewertet. Somit besteht die Möglichkeit, Auswirkungen unterschiedlicher Grundannahmen im Verhalten zu untersuchen. Innerhalb der Simulation sind Veränderungen in der Entstehung des Bedarfs, bei der Kanalaffinität und beim räumlichen Mobilitätsverhalten vorgesehen und werden in verschiedenen Konstellationen betrachtet.
Als Fazit der gesamten Untersuchung der Methode kann Folgendes zusammengefasst werden. Die Methode der Multiagentensimulation ist in der Lage, einen großen Teil der aufgedeckten Defizite und Schwächen der bestehenden Ansätze zur Modellierung des Betriebsformenwandels und zur Standortplanung im Einzelhandel zu überwinden.
Aus diesem Grund bietet sie für eine Weiterentwicklung der Modell- und Methodenlandschaft innerhalb der geographischen Einzelhandelsforschung u. a. zur Erklärung und Abschätzung der zukünftigen Entwicklung der Angebotsstrukturen im Einzelhandelssystem eine hervorragende Grundlage.
Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung des Einkaufsprozesses und den daraus entstehenden Informationen zum Konsumentenverhalten in Kombination mit immer komplexeren Fragestellungen ist in den kommenden Jahren eine verstärkte Dynamik bei der Anwendungshäufigkeit von Multiagentensimulationen in Einzelhandelsunternehmen und ggf. auch bei der Entwicklung standardisierter Softwareprodukte in diesem Bereich zu erwarten.
Aus praxisorientierter Perspektive kann zusammenfassend konstatiert werden, dass agentenbasierte Modellierungen und Simulationen bei Berücksichtigung der vorgestellten Herausforderungen für die strategische Standortplanung, aber auch für andere einzelhandelsspezifische Fragestellungen einen enormen Mehrwert bieten können und diese Methode zukünftig integraler Bestandteil in einem datengetriebenen Prozess der Strategiefindung sein kann.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
In this work, the focus is on the evaluation and further development of the method of multi-agent systems for forecasting purposes in retail. The specific objective of the work is the design of an integrated system to simulate possible future scenarios of (spatial) consumer behavior. Based on a heterogeneous information landscape and different theoretical approaches, a multi-agent system to ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
In this work, the focus is on the evaluation and further development of the method of multi-agent systems for forecasting purposes in retail. The specific objective of the work is the design of an integrated system to simulate possible future scenarios of (spatial) consumer behavior. Based on a heterogeneous information landscape and different theoretical approaches, a multi-agent system to simulate retailing with technical consumer goods in the chosen study region Ingolstadt (north of Munich) is to be developed.
To understand the electrical retail system with its market participants, it is first necessary to identify the individual players and the basic structures and relationships as well as their historical and current development trends. Market activity is essentially determined by providers and consumers, influenced by the prevailing social, technological and political / administrative framework.
Considering retailing with technical consumer goods, it comes to innovation-driven shifts in meaning at product level. In the period from 2010 to 2013, a massive decline in sales of TV-devices can be registered, which is the subject of the modeled consumer behavior within TESI (TV-Einkauf-Simulation Ingolstadt). This is attributable to a decline in the high propensity due to the market introduction of the flat screens in this segment. In addition to an altered product-specific consumer behavior, a change in the way consumers choose their outlet caused a sharp decline of small-scale providers in recent decades. The current e-commerce dynamics of recent years gives a good reason to believe in a further structural change in the upcoming decades.
In addition to these general market events, it is necessary to provide an overview of the status quo of the methods of site planning in retail. Here you meet substantially on relatively traditional, static methods, which do not take into account fundamental changes in consumer behavior and thus provide necessity for new dynamic approaches.
Against this background, the agent-based simulation is an interesting starting point, as a number of deficiencies found here are taken into account and this method provides various possibilities for the analysis of interactions between consumer behavior and spatial retail structures. However, it has to be considered that the vast potential is hampered by a number of challenges, such as the high effort in creating an appropriate data base, complex, diverse validation approaches and a lack of standards for the use of that kind of simulations. These aspects lead to a comparatively poor usability, connected to a so far limited distribution in practice.
Based on the selected research design, the presented basics are applied in a concrete situation within the study area.
To this end, a telephone household survey on consumer behavior in electrical retailing and a mapping of the physical sites in the region Ingolstadt were carried out. These two sources provide information about processes and structures and show fundamental relationships, which represent an important basis for the modeling and subsequent simulation within the planned multi-agent system. This study gives, for example a significant relation between age and various practices within the purchasing process, such as the e-commerce affinity or the willingness to cover distances of a stationary shopping.
From this, the "TV-Einkauf-Simulation Ingolstadt" TESI is designed using the example of individual shopping behavior on televisions and implemented in the generic development environment SeSAm.
Within the basic model the essential components of the agents, the perception as a combination of sensors and internal condition and the resulting effects are displayed in the defined shopping process. Due to a better understanding, the whole model is divided into separate partial models.
In detail, this is a demographic module, which shows the most important developments of the household agents during the simulation and thus provides a representative picture of the population structure as a basis for the consumer behavior. Furthermore, the purchase decision process is divided in a model of demand creation for televisions, based on that a channel decision between online and offline, and in the case the decision for a stationary shopping occurs, in which the selection of a spatial consumer decision is modeled. As activity of business agents, an optional closure reaction is integrated.
All these blocks are combined within "TESI" and can be parameterized and defined via a user interface to simulate different scenarios and evaluate them afterwards.
Based on this methodological development, three possible scenarios of future buying behavior in the purchase of TV sets are presented and evaluated considering the impact on the existing structures. It is thus possible to study effects of different assumptions for changing shopping behavior. Within the simulation, changes in the development of demand, the channel affinity and the spatial mobility behavior are considered in various constellations.
In conclusion the method of multi-agent simulation is able to overcome a large part of the revealed shortcomings and weaknesses of existing approaches in modeling the change of retail environment and of site planning in the retail sector.
For this reason, it provides an excellent basis for further development of the model and method landscape within the geographic retail research to explain and estimate the future trend of supply structures in the retail system.
Due to the increasing digitization of the shopping process and the resulting information on consumer behavior in combination with increasingly complex issues, an enhanced dynamism in the frequency of application of multi-agent simulations in retail companies and possibly also in the development of standardized software products in this area is to be expected in the coming years.
From practical point of view it can be stated, that agent-based modeling and simulation in consideration of the specific challenges offer a tremendous value for the strategic site planning, but also for other retail-specific issues and in the future this method has the potential to become an integral part in a data-driven process of strategy development.
Metadaten zuletzt geändert: 25 Nov 2020 22:53