Lizenz: Creative Commons Namensnennung 4.0 International (9MB) |
- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-550545
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.55054
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
---|---|
Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 1 Dezember 2023 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Thomas Horst Loew |
Tag der Prüfung: | 13 November 2023 |
Institutionen: | Medizin > Abteilung für Psychosomatische Medizin |
Stichwörter / Keywords: | PTSD; children; adolescents; natural disasters; Italy; Sandplay Therapy; Narrative Exposure Therapy; slow-paced breathing; SURE; bilateral stimulation; music; movement; psychiatry |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 300 Sozialwissenschaften > 300 Sozialwissenschaften, Soziologie 300 Sozialwissenschaften > 370 Erziehung, Schul- und Bildungswesen 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 55054 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Ziel Diese Arbeit erforscht die medizinische Fundiertheit eines multimodalen, nonverbalen, körperorientierten, kreativ-spielerischen Therapiekonzeptes („TraumaHelfer-Modell“) gegen Posttraumatische Belastungsstörung im Kindes- und Jugendalter. Darauf aufbauend wird dessen Praktikabilität im mittelitalienischen Kulturraum im Kontext von Erdbebenkatastophen hin-sichtlich kultureller, ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Ziel
Diese Arbeit erforscht die medizinische Fundiertheit eines multimodalen, nonverbalen, körperorientierten, kreativ-spielerischen Therapiekonzeptes („TraumaHelfer-Modell“) gegen Posttraumatische Belastungsstörung im Kindes- und Jugendalter. Darauf aufbauend wird dessen Praktikabilität im mittelitalienischen Kulturraum im Kontext von Erdbebenkatastophen hin-sichtlich kultureller, organisatorischer, sowie forschungsethischer Aspekte untersucht.
Methoden
Der Beitrag von Wissenschaftlern des 19. und 20. Jahrhunderts zu einem organisch-neurowissenschaftlichen Verständnis der Posttraumatischen Belastungsstörung wird hervorgehoben. Davon ausgehend werden die allgemeine sowie die altersgruppenspezifische PTBS-Symptomatik dargelegt. Das im TraumaHelfer-Modell vorgesehene Screeninginstrumentarium zur Erhebung traumabezogener Symptome bei Kindern und Jugendlichen durch unterschiedliche Bezugspersonen (Lehrer, Betreuer, Elternteil, Selbstauskunft bei Jugendlichen) wird auf Kongruenz hinsichtlich neurowissenschaftlicherseits postulierter Diagnosekriterien sowie -strategien untersucht. Anatomische und physiologische Wirkprinzipien der Therapiemethoden des TraumaHelfer-Modells (Entschleunigtes Atmen, SURE, bilaterale Stimulation, Musik und Bewegung, Sandspieltherapie, narrative Expositionstherapie, liegende Acht) werden herausgearbeitet. Die Relation dieser Therapiemethoden zu bis heute relevanten Erkenntnissen der Jahrhundertwende wird aufgezeigt.
Zum Zwecke einer erfolgreichen Umsetzung des TraumaHelfer-Modells nach Erdbeben in Mittelitalien werden lokale Schlüsselorganisationen für die Rekrutierung von TraumaHelfern und von Psychotherapeuten sowie für die Projektdurchführung identifiziert. Ein mögliches Zusammenspiel dieser Strukturen, auch zum Zwecke einer wissenschaftlichen Auswertung der erhobenen Daten, wird skizziert und ein grundlegendes Konzept zum datenschutzbezogene Projektmanagement erarbeitet. Kulturspezifische Anpassungen kreativer Elemente des Therapieprojektes werden untermauert.
Ergebnisse
Das im TraumaHelfer-Modell vorgesehene Screeninginstrumentarium berücksichtigt wesentliche Kinder-Diagnosekriterien des DSM-5 sowie DTD-Kriterien nach van der Kolk et al.
Die Auffassung der traumaassoziierten Dissoziation seitens Pierre Janet ist kongruent mit aktuellen Gedächtnismodellen und deren Rolle in der Pathogenese der Posttraumatischen Belastungsstörung bei Kindern und Jugendlichen nach Naturkatastrophen in Mittelitalien. Die Therapiemethoden des TraumaHelfer-Modells unterstützen die Überführung traumatischer Erin-nerungen in das episodische Gedächtnis, zum einen als symptomatische Intervention durch vegetative Stabilisierung; zum anderen erfolgt durch sie eine direkte kognitive Verarbeitung des Geschehenen, die ihrerseits eine Symptomkontrolle erwirkt.
Das Zusammenspiel von italienischem Katastrophenschutz, der Protezione Civile, lokalen Schulen und Schulbehörden sowie staatlichen Strukturen ermöglicht die Durchführung des Therapieprojektes im Katastrophensetting durch qualifiziertes Personal zum Zwecke des Schutzes von Minderjährigen in einem Kontext erhöhter Vulnerabilität. Die Nutzung der Schulen als Schlüsselstrukturen in der Organisation und Durchführung des Projektes stellt eine teambildende Maßnahme dar, die in Kontinuität zu nach Erdbeben in Mittelitalien bereits stattgefundenen Therapieprogrammen steht. Das TraumaHelfer-Modell harmoniert aufgrund der nonverbalen Therapieinterventionen mit der inklusiven Einstellung des italienischen Schul-systems gegenüber Schülern mit Behinderung. TraumaHelfer-Schulungen sowie die Projektimplementierung können im Erbebensetting bei mangelnder Zugänglichkeit der Schulgebäude in entsprechenden Zeltstrukturen sowie provisorischen Schulgebäuden erfolgen.
Die wissenschaftliche Datenauswertung könnte wertvolle epidemiologische Aussagen zur erdbebenassoziierten Traumabelastung in spezifischen Altersgruppen und nach Geschlechtern in Mittelitalien liefern und die gezielte Förderung von bereits bestehenden staatlichen Programmen zur Förderung psychosozialer Gesundheit ermöglichen.
Limitierungen
Wiederkehrende Erdbebenstöße können die logistische Durchführung des Projektes sowie dessen therapeutischen Erfolg behindern, da sie ein re-traumatisierendes Potential aufweisen. Die Einhaltung grundlegender Prinzipien des Datenschutzes (Integrität, Vertraulichkeit, Verfügbarkeit) ist prinzipiell auch unter den logistischen Bedingungen des Katastrophenfalls möglich, könnte jedoch durch die oben beschriebene Gefahr einer mangelnden räumlichen Kontituität erschwert sein. Eine Erstimplementierung in Form eines Pilot-Projektes wäre erforderlich, um hierfür praktikable Lösungen zu eruieren und um den Einfluss wiederkehrender Erdbebenstöße auf die Symptomatik zu untersuchen.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Aim This thesis investigates the medical soundness of a multimodal, non-verbal, body-oriented, creative-playful therapy concept ("TraumaHelper-Model") against post-traumatic stress disorder in children and adolescents. Based on this, its practicability in the central Italian cultural area in the context of earthquake catastrophes is examined with regard to cultural, organizational and research ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Aim
This thesis investigates the medical soundness of a multimodal, non-verbal, body-oriented, creative-playful therapy concept ("TraumaHelper-Model") against post-traumatic stress disorder in children and adolescents. Based on this, its practicability in the central Italian cultural area in the context of earthquake catastrophes is examined with regard to cultural, organizational and research ethical aspects.
Methods
The contribution of 19th and 20th century scientists to an organic-neuroscientific understanding of post-traumatic stress disorder is emphasized. Based on this, the general and age-group-specific PTSD symptoms are presented. The screening instrument provided in the TraumaHelper-Model for the assessment of trauma-related symptoms in children and adolescents by different caregivers (teacher, tutor, parent, self-report in adolescents) is examined for congruence with regard to neuroscientifically postulated diagnostic criteria and strategies. Anatomical and physiological principles of action of the therapy methods of the TraumaHelper-Model (slow-paced breathing, SURE, bilateral stimulation, music and movement, Sandplay Therapy, Narrative Exposure Therapy, lying eight) are elaborated. The relationship of these therapy methods to findings from the turn of the century that are still relevant today is shown.
Local key organizations for the recruitment of trauma helpers and psychotherapists as well as for project implementation are identified for the purpose of successful implementation of the TraumaHelper-Model after earthquakes in central Italy. A possible interaction of these structures, also for the purpose of a scientific evaluation of the collected data, is outlined and a basic concept for data protection-related project management is developed. Culture-specific adaptations of creative elements of the therapy project are underpinned.
Results
The screening instrument provided in the TraumaHelper-Model takes into account essential child diagnostic criteria of the DSM-5 as well as DTD criteria according to van der Kolk et al.
Pierre Janet's concept of trauma-associated dissociation is congruent with current memory models and their role in the pathogenesis of post-traumatic stress disorder in children and adolescents following natural disasters in central Italy. The TraumaHelper-Model's trauma therapy methods support the transfer of traumatic memories into episodic memory, on the one hand as a symptomatic intervention through vegetative stabilization; on the other hand, it leads to direct cognitive processing of what has happened, which in turn leads to symptom control.
The interaction between Italian civil protection, the Protezione Civile, local schools and school authorities as well as state structures enables the implementation of the therapy project in a disaster setting by qualified personnel for the purpose of protecting minors in a context of increased vulnerability. The use of schools as key structures in the organization and implementation of the project represents a team-building measure that is in continuity with therapy programs that have already taken place after earthquakes in Central Italy. Due to the non-verbal therapy interventions, the TraumaHelper-Model harmonizes with the inclusive attitude of the Italian school system towards students with disabilities. Trauma helper training courses and project implementation can take place in tent structures and temporary school buildings in earthquake settings where school buildings are inaccessible.
The scientific data evaluation could provide valuable epidemiological information on the earthquake-related trauma burden in specific age groups and by gender in central Italy and enable the targeted promotion of existing state programs to promote psychosocial health.
Limitations
Recurrent earthquake shocks can hinder the logistical implementation of the project and its therapeutic success, as they have a re-traumatizing potential. Compliance with the basic principles of data protection (integrity, confidentiality, availability) is possible in principle even under the logistical conditions of a disaster, but could be made more difficult by the risk of a lack of spatial contiguity described above. An initial implementation in the form of a pilot project would be necessary in order to determine practicable solutions and to investigate the influence of recurring earthquake shocks on the symptoms.
Metadaten zuletzt geändert: 01 Dez 2023 07:19