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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-583861
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.58386
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 5 Juni 2024 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Romuald Brunner |
Tag der Prüfung: | 12 April 2024 |
Institutionen: | Medizin > Lehrstuhl für Kinder- und Jugendpsychiatrie |
Stichwörter / Keywords: | Selbstverletzung, Notfallmanagmenet, Jugendliche |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 100 Philosophie und Psychologie > 150 Psychologie 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 58386 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Selbstverletzende und suizidale Gedanken und Verhaltensweisen sind sowohl in der Adoleszenz als auch im jungen Erwachsenenalter ein häufiges Phänomen. Da sie das Leben von Jugendlichen stark beeinträchtigen können, ist es wichtig, die Hintergründe genau zu erforschen. Frühere Studien hatten sich vor allem damit beschäftigt, welche Umstände dazu führen, dass die verschiedenen SITB entstehen. ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Selbstverletzende und suizidale Gedanken und Verhaltensweisen sind sowohl in der Adoleszenz als auch im jungen Erwachsenenalter ein häufiges Phänomen. Da sie das Leben von Jugendlichen stark beeinträchtigen können, ist es wichtig, die Hintergründe genau zu erforschen. Frühere Studien hatten sich vor allem damit beschäftigt, welche Umstände dazu führen, dass die verschiedenen SITB entstehen. Nur wenige Studien hatten sich mit der konkreten Veränderung der einzelnen SITB über die Zeit beschäftigt. Aus diesem Grund wollten wir uns in dieser Studie darauf fokussieren, herauszufinden, welche Faktoren mit einer Verbesserung bzw. Verschlechterung der einzelnen SITB im Zusammenhang stehen. Neben der longitudinalen Beobachtung der SITB und deren Einflussfaktoren, stellte das Management von Jugendlichen, die sich wegen SITB notfallmäßig vorstellen, einen zentralen Punkt dieser Arbeit dar. Dieses Management ist zwar herausfordernd, bietet aber gleichzeitig die Möglichkeit, mit den Jugendlichen kurzfristige Interventionen wie einen Sicherheitsplan für erneute Krisensituationen zu erarbeiten und sie für eine langfristige Behandlung zu gewinnen.
104 Jugendliche im Alter zwischen 11 und 18 Jahren durchliefen unser standardisiertes Procedere (T1-3), nachdem sie sich aufgrund von SITB notfallmäßig in der Institutsambulanz der Kinder- und Jugendpsychiatrie vorgestellt hatten. Dieses Notfallmanagement beinhaltete eine ausführliche Diagnostik (inkl. SITBI, M.I.N.I. KID, SCL-90-S), Behandlungsempfehlungen und die Erstellung eines Sicherheitsplans. Daran schlossen sich zwei katamnestische Follow-Up Untersuchungen an, sodass die Veränderung der SITB und verschiedener Indikatoren für das allgemeine Funktionsniveau (GAF), den Schweregrad der psychischen Erkrankung (CGI-S) und die generelle psychische Belastung (GSI) untersucht werden konnten. Außerdem konnte überprüft werden, wie sich verschiedene Faktoren (Nutzen des Sicherheitsplans, Motivation, generelle psychische Belastung, suizidales/selbstverletzendes Verhalten im Umfeld) auf die Veränderung der SITB auswirken.
Es ist erfreulich, dass nach unserem Notfallmanagement suizidale SITB abgenommen haben und sich auch der GSI, GAF und CGI-S verbessert haben. Diese Erfolge lassen sich aufgrund der fehlenden Kontrollgruppe jedoch nicht direkt mit unserem Notfallmanagement in Zusammenhang bringen.
Des Weiteren konnten wir einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Veränderung der Suizidgedanken (T2 auf FU1) und dem Faktor „Selbstverletzung bzw. Suizidversuche im familiären Umfeld“ feststellen. Dieses Ergebnis könnte darauf hindeuten, dass es Patient:innen, die Selbstverletzung in der Familie erlebt haben, besonders schwerfällt, an ihrem suizidalen Verhalten zu arbeiten. Daher sollte diese Patientengruppe intensivere Unterstützung erhalten. Für Selbstverletzung bzw. Suizidversuche in der Peergruppe, die Selbsteffizienz, NSSV zu beenden, und auch den GSI gab es keine signifikanten Zusammenhänge mit der Veränderung der SITB. Es steht außer Frage, dass noch deutlich mehr Studien nötig sind, die sich damit auseinandersetzen, welche Faktoren eine Verbesserung bzw. Verschlechterung der SITB begünstigen. So können Risikogruppen identifiziert werden und spezifische Ansätze zur Unterstützung von betroffenen Jugendlichen erarbeitet werden.
Darüber hinaus haben wir die Jugendlichen in den Follow-Up Terminen danach gefragt, ob ihnen der Sicherheitsplan, der als kurzfristige Intervention erarbeitet wurde, von Nutzen war. Wir konnten feststellen, dass zwischen der Veränderung der Gedanken an NSSV (T2 bis FU1) und dem subjektiven Nutzen des Sicherheitsplans ein signifikanter Zusammenhang bestand. Hier konnte nachgewiesen werden, dass sich diejenigen, die den Plan als hilfreich empfanden, seltener in ihren Gedanken an NSSV verschlechtert hatten. Da es so scheint, als könne die Verwendung eines Sicherheitsplans durchaus einen positiven Effekt haben, ist es nötig, den Plan noch weiter an die Bedürfnisse der Jugendlichen anzupassen, damit dieser auch von ihnen genutzt wird. Das könnte zum Beispiel durch die Stärkung der Motivation und des Selbstvertrauens, durch Rollenspiele und durch eine noch stärkere Einbindung der Jugendlichen in die Planerstellung erreicht werden.
Nachdem wir auch einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Veränderung der Gedanken an NSSV (T2 bis FU1) und der Handlungsabsicht, NSSV zu beenden, beobachtet haben, könnte es von Vorteil sein, die Stärkung dieser Handlungsabsicht in die Erarbeitung des Sicherheitsplans einfließen zu lassen. Davor sollte jedoch noch kritisch hinterfragt werden, ob Faktoren, die die Gedanken an NSSV beeinflussen, auch für die Veränderung von NSSV direkt eine Rolle spielen und die Handlungsabsicht im Rahmen kurzfristiger Interventionen überhaupt ein sinnvolles Therapieziel ist.
Generell ist es dringend nötig, weitere Studien durchzuführen, die sich mit Sicherheitsplänen für Jugendliche beschäftigen, um herauszufinden, welche Komponenten sie beinhalten müssen, um Jugendlichen mit SITB effektiv helfen zu können.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Self-harming and suicidal thoughts and behaviors are a common phenomenon in both adolescence and young adulthood. As they can severely affect the lives of adolescents, it is important to investigate the background in detail. Previous studies had mainly focused on the circumstances that lead to the development of the various SITB. Few studies had looked at the specific changes in the individual ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Self-harming and suicidal thoughts and behaviors are a common phenomenon in both adolescence and young adulthood. As they can severely affect the lives of adolescents, it is important to investigate the background in detail. Previous studies had mainly focused on the circumstances that lead to the development of the various SITB. Few studies had looked at the specific changes in the individual SITBs over time. For this reason, in this study we wanted to focus on finding out which factors are associated with an improvement or deterioration of the individual SITB. In addition to the longitudinal observation of SITB and its influencing factors, the management of adolescents presenting in an emergency for SITB was a central focus of this work. Although this management is challenging, it also offers the opportunity to develop short-term interventions with the adolescents, such as a safety plan for recurring crisis situations, and to engage them in long-term treatment.
104 adolescents between the ages of 11 and 18 underwent our standardized procedure (T1-3) after presenting to the outpatient department of child and adolescent psychiatry in an emergency due to SITB. This emergency management included detailed diagnostics (incl. SITBI, M.I.N.I. KID, SCL-90-S), treatment recommendations and the creation of a safety plan. This was followed by two catamnestic follow-up examinations so that the change in the SITB and various indicators for the general level of functioning (GAF), the severity of the mental illness (CGI-S) and the general psychological distress (GSI) could be examined. It was also possible to examine how various factors (benefit of the safety plan, motivation, general psychological distress, suicidal/self-injurious behavior in the environment) affect the change in SITB.
It is encouraging that suicidal SITB have decreased following our emergency management and that the GSI, GAF and CGI-S have also improved. However, these successes cannot be directly linked to our emergency management due to the lack of a control group.
Furthermore, we found a significant correlation between the change in suicidal thoughts (T2 to FU1) and the factor "self-harm or suicide attempts in the family environment". This result could indicate that patients who have experienced self-harm in their family find it particularly difficult to work on their suicidal behavior. This patient group should therefore receive more intensive support. There were no significant correlations with the change in SITB for self-harm or suicide attempts in the peer group, self-efficacy to stop NSSI, or the GSI. There is no question that significantly more studies are needed to examine which factors favor an improvement or worsening of SITB. In this way, risk groups can be identified and specific approaches developed to support affected young people.
In addition, we asked the adolescents at the follow-up appointments whether the safety plan, which was developed as a short-term intervention, was useful to them. We found that there was a significant correlation between the change in thoughts of NSSI (T2 to FU1) and the subjective benefit of the safety plan. It was shown that those who found the plan helpful were less likely to have worsened their thoughts of NSSI. As it appears that the use of a safety plan can have a positive effect, it is necessary to adapt the plan even further to the needs of young people so that it is also used by them. This could be achieved, for example, by strengthening motivation and self-confidence, by role-playing and by involving the young people even more in the creation of the plan.
Since we also observed a significant correlation between the change in thoughts of NSSI (T2 to FU1) and the intention to end NSSI, it could be advantageous to incorporate the strengthening of this intention into the development of the safety plan. Before doing so, however, it should be critically questioned whether factors that influence thoughts of NSSI also play a direct role in changing NSSI itself and whether the intention stop self-harming is even a useful therapeutic goal in the context of short-term interventions.
In general, there is an urgent need to conduct further studies on safety plans for adolescents to find out which components they need to include in order to effectively help adolescents with SITB.
Metadaten zuletzt geändert: 05 Jun 2024 04:33