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- URN to cite this document:
- urn:nbn:de:bvb:355-opus-5553
- DOI to cite this document:
- 10.5283/epub.10345
Item type: | Thesis of the University of Regensburg (PhD) |
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Open Access Type: | Primary Publication |
Date: | 22 September 2005 |
Referee: | Prof. Dr. Alf Zimmer |
Date of exam: | 13 July 2005 |
Institutions: | Human Sciences > Institut für Psychologie > Alumni or Retired Professors > Lehrstuhl für Psychologie (Allgemeine und Angewandte Psychologie) - Prof. Dr. Alf Zimmer |
Keywords: | Verkehrspsychologie , Verkehrsunfall , Fehleranalyse , Fahrerassistenzsystem , Unfallforschung , Ergonomie , Relatives Risiko , Abweichendes Verhalten , Fahrer , Verkehrssicherheit , Unfallursache , Automatische Notbremse , Spurhalteassistent , Spurwechselassistent , Abstandsregel-Tempomat , Verkehrszeichenerkennung , automatic emergency brake assist , lane departure warning , adaptive cruise control , traffic sign recognition , enhanced night vision system |
Dewey Decimal Classification: | 100 Philosophy & psychology > 150 Psychology |
Status: | Published |
Refereed: | Yes, this version has been refereed |
Created at the University of Regensburg: | Yes |
Item ID: | 10345 |
Abstract (German)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, was die Ursachen von Verkehrsunfällen sind und welche Maßnahmen für eine verbesserte Unfallprävention geeignet sind. Der Schwerpunkt bei der Frage nach Mitteln zur Unfallreduzierung liegt hierbei auf Fahrerassistenzsystemen, deren Unfallvermeidungspotenzial in der Praxis analysiert wird. Zudem werden auf Basis der Unfallanalysen Empfehlungen für ...
Abstract (German)
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Frage, was die Ursachen von Verkehrsunfällen sind und welche Maßnahmen für eine verbesserte Unfallprävention geeignet sind. Der Schwerpunkt bei der Frage nach Mitteln zur Unfallreduzierung liegt hierbei auf Fahrerassistenzsystemen, deren Unfallvermeidungspotenzial in der Praxis analysiert wird. Zudem werden auf Basis der Unfallanalysen Empfehlungen für deren nutzergerechte und verkehrssichere Gestaltung entwickelt.
Für die Studie wurden insgesamt 312 Verkehrsunfälle mit 528 Fahrern umfassend analysiert: Mit den Fahrern wurden umfangreiche strukturierte Interviews zum Unfallhergang geführt und deren Wahrnehmungen, Kognitionen und motorische Reaktionen in der Pre-Crash-Phase detailliert erfragt. Zusätzlich wurden die Unfallstelle fotografiert und nach verkehrspsychologischen Kriterien analysiert, der Unfallhergang technisch rekonstruiert und Daten aus der Verkehrsunfallanzeige der Polizei ausgewertet.
Das Verhalten der Fahrer in den letzten Sekunden vor dem Unfall wurde einer Fehleranalyse unterzogen und aufgetretene Fehler anhand von zwei verschiedenen Fehlermodellen (�Modell der internalen Fehlfunktion� nach Rasmussen, 1982 und �Modell der gefährdenden Verhaltensweisen� nach Reason, 1990) klassifiziert.
Der Einfluss verschiedener Verhaltensweisen, Ereignisse oder Eigenschaften auf das Unfallrisiko wurde durch Verursacheranalysen untersucht. Dazu wurden alle Fahrer nach Unfallverursachern und Nicht-Unfallverursachern (= Unfallbeteiligte) unterschieden. Zudem wurde unterschieden, ob der Fahrer
einem bestimmten Risiko kurz vor dem Unfall exponiert war oder nicht. Durch Berechnung eines Relativen Risikos � dem Quotienten aus der Unfallverursachungsrate bei den exponierten Fahrern und der Unfallverursachungsrate bei den nicht exponierten Fahrern � konnte das Risiko bestimmter Einflussfaktoren quantitativ bestimmt und miteinander verglichen werden. Das Einbeziehen von Unfallbeteiligten als �Kontrollgruppe� (anstatt der ausschließlichen Befragung der Unfallverursacher) ist bei Unfallanalysen dieser Breite und Tiefe bislang einmalig und verleiht den Ergebnissen hohe Aussagekraft.
Die Auswertung der Fehleranalyse nach Rasmussen (1982) ergab, dass die meisten Verkehrsunfälle (76.9 %) durch Informationsfehler verursacht wurden, d. h. dadurch, dass Fahrer verkehrsrelevante Informationen gar nicht oder zu spät wahrnehmen. Alle anderen Fehlerarten traten wesentlich seltener auf: Diagnosefehler lagen bei 7.7 % aller Unfälle, Zielsetzungsfehler bei 5.8 %, Handlungsfehler bei 12.2 %, Bedienungsfehler bei 1.9 % und Strukturelle Fehler bei 7.4 %.
Die Fehleranalyse nach Reason (1990) zeigte, dass Verstöße einen starken Einfluss auf die Unfallentstehung haben: Insgesamt beging rund ein Drittel der Fahrer (35.4 %) einen oder mehrere Verstöße. Routineverstöße erhöhten das Unfallrisiko um 40 (Relatives Risiko [RR]=1.43), Ausnahmeverstöße sogar um 60 Prozent (RR=1.62).
Die Auswertung der Verursacheranalysen zeigte, dass unter dem Einfluss bestimmter Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit einer Unfallverursachung signifikant um 30 bis 100 Prozent erhöht ist. Darunter sind auch Faktoren, deren Bedeutung bisher weit unterschätzt wurde bzw. deren Einfluss vermutet, jedoch mangels empirischer Daten bisher nicht belegt werden konnte. Die Relativen Risiken dieser Einflussfaktoren sind (der Größe nach geordnet): Negative Emotion (RR=2.01), Müdigkeit (RR=1.94), kognitive Ablenkung (RR=1.90), Sonnenblendung (RR=1.89), nicht angepasste Geschwindigkeit (RR=1.85), Ablenkung durch die Navigationsaufgabe (RR=1.65), mangelnde Ortskenntnis (RR=1.62), Alkoholisierung (RR=1.55), Fehlen eines früher absolvierten Fahrsicherheitstrainings (RR=1.40), mangelnder Sicherheitsabstand (RR=1.39), Ablenkung durch Objekte außerhalb des Fahrzeugs (RR=1.32) und Ablenkung durch Objekte innerhalb des Fahrzeugs (RR=1.30).
Anhand der verschiedenen Unfallarten und Unfallursachen wurde das Potenzial einzelner Fahrerassistenzsysteme für eine Unfallvermeidung bestimmt. Als das System mit dem größten Potenzial stellte sich die Automatische Notbremse heraus � sie könnte bis zu 57 Prozent aller Unfälle möglicherweise noch verhindern oder deren Folgen abschwächen. Das Unfallvermeidungspotenzial eines Abstandsregel-Tempomaten und eines Spurassistenzsystems ist ebenfalls hoch: In jeweils maximal einem Fünftel aller Unfälle könnten diese Systeme einen Unfall verhindern. Ein mittel großes Potenzial besitzen die Assistenzsysteme Verkehrszeichenerkennung, Aufmerksamkeitskontrolle und Spurwechselassistent (jeweils sechs bis acht Prozent aller Unfälle), ein sehr geringes Potenzial haben Assistenzsysteme, die die Sicht des Fahrers erweitern (Night Vision maximal zwei Prozent aller Unfälle; der Nutzen eines Adaptiven Kurvenlichts für die Unfallprävention geht gegen Null).
Alle Fahrerassistenzsysteme werden vor dem Hintergrund der Unfalldaten � insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorhandensein bestimmter Risikofaktoren zum Unfallzeitpunkt � auf ihre Anfälligkeit hinsichtlich Verhaltensadaptationen (v. a. Risikokompensationen) auf Seiten der Fahrer diskutiert. Es werden zudem zahlreiche konkrete Empfehlungen gegeben, wie einzelne Assistenzsysteme gestaltet werden müssen, um einen möglichst großen Nutzen für die Unfallprävention zu erzielen, unerwünschte Nebenwirkungen zu reduzieren und Verkehrsgefährdungen durch einen Missbrauch dieser Systeme vorzubeugen. Ergänzend dazu werden aus den Ergebnissen der Auswertung von Unfallursachen und Risikofaktoren Schlussfolgerungen für eine verbesserte Unfallprävention gezogen und die wichtigsten gesetzgeberischen, polizeilichen und straßenbaulichen Maßnahmen aufgezeigt.
Translation of the abstract (English)
This study examined the causes of traffic accidents to determine suitable measures for improved accident prevention. The main focus for accident prevention was based on advanced driver assistance systems (ADAS), of which their potential of crash avoidance was analysed. Based on the accident analysis, recommendations for a user centred and roadworthy design of these systems are developed. In the ...
Translation of the abstract (English)
This study examined the causes of traffic accidents to determine suitable measures for improved accident prevention. The main focus for accident prevention was based on advanced driver assistance systems (ADAS), of which their potential of crash avoidance was analysed. Based on the accident analysis, recommendations for a user centred and roadworthy design of these systems are developed.
In the accident analysis, 312 road traffic accidents with 528 drivers were thoroughly investigated. The drivers were interviewed about the accident and asked in detail about their perceptions, thoughts and physical actions in the pre-crash-phase. In addition, the scene of the accident was photographed, an accident reconstruction was made and the accident data from the police report was evaluated.
Drivers� behaviour in the last seconds before the crash was analysed using two models of information processing and human error, namely Rasmussen�s (1982) �model of internal human malfunction� and Reason�s (1990) �model of unsafe acts�.
The influence of different behaviour patterns, events and personal attributes on the accident risk was examined by responsibility analyses. For this purpose, all drivers were classified as either culpable (main initiators) or nonculpable (innocently hit) drivers, as well as whether they were exposed to a definite risk directly before the accident. By calculating a relative risk � the ratio of the exposed drivers� accident causation rate and the nonexposed drivers� accident causation rate � the risk of certain influencing factors can be quantified and compared. Using the nonculpable drivers as a control group (instead of interviewing only the culpable drivers) strengthens the results and was not used previously in accidents of this breadth and depth before.
The results of the error analysis by Rasmussen (1982) revealed that most road accidents (79.9 %) were caused by information errors, e. g. drivers perceive relevant information too late or not at all. All other kinds of errors were more seldom: Diagnostic errors amount to 7.7 % of all accidents, goal errors 5.8 %, procedure errors 12.2 %, action errors 1.9 % and structural errors 7.4 %.
The error analysis by Reason (1990) showed that traffic violations have a strong influence on accident causation: Approximately one third of all drivers committed one or more violations. Routine violations increased the accident risk by 40 percent (relative risk [RR] = 1.43), exceptional violations by up to 60 percent (RR=1.62).
The results of responsibility analyses demonstrated that certain risk factors significantly increase the accident risk by 30 to 100 percent. With some of these factors the importance had been previously underestimated or the influence was suspected but could not be proved due to the lack of empirical data. The relative risks of these factors were negative emotion (RR=2.01), drowsiness (RR=1.94), cognitive distraction (RR=1.90), glare by sun (RR=1.89), unadapted speed (RR=1.85), distraction by navigation task (RR=1.65), lack of knowledge of a place (RR=1.62), alcoholisation (1.55), absence of training for driving safety in the past (RR=1.40), insufficient safe distance (RR=1.39), distraction by objects outside of the car (RR=1.32) and distraction by objects inside of the car (RR=1.30).
By considering various types and causes of accidents, the crash avoidance potential of various advanced driver assistance systems was assessed. The �automatic emergency brake assist� has the highest potential � it could prevent or reduce the injury rate in 57 percent of accidents. The accident prevention potential of �adaptive cruise control� and �lane departure warning� is also high; each of these systems could prevent one-fifth of all accidents. The potential of the �traffic sign recognition�, �attention control� and �lane change assistance� systems is moderate (six to eight percent of all accidents). The systems for vision enhancement have the lowest potential � a night vision system would benefit at most two percent of all accidents and the benefit of an �adaptive frontlighting system� for accident prevention is marginal.
Based on the accident data, the advanced driver assistance systems are discussed concerning their susceptibility to adapt the driver�s behaviour (primarily risk compensations), in particular with regard to the presence of certain risk factors at the time of accident. Specific recommendations are given for the design of various driver assistance systems, in order to achieve the highest accident prevention, to reduce undesired side effects and to prevent misuse. In addition, the results of the accident analyses are used to draw conclusions on improved accident prevention and the most important measures concerning legislation, law enforcement and roadmaking are discussed.
Metadata last modified: 26 Nov 2020 13:11