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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-opus-5546
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.10348
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 9 Oktober 2005 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Alf Zimmer |
Tag der Prüfung: | 20 Juli 2005 |
Institutionen: | Humanwissenschaften > Institut für Psychologie > Entpflichtete oder im Ruhestand befindliche Professoren > Lehrstuhl für Psychologie (Allgemeine und Angewandte Psychologie) - Prof. Dr. Alf Zimmer |
Stichwörter / Keywords: | Aussagepsychologie , Visuelles Gedächtnis , Gedächtnisleistung , Gedächtnis , Episodisches Gedächtnis , Intelligenzstörung , Lernbehinderung , Jugend / Lernbehinderung , Lernbehinderter , Glaubwürdigkeit , Realitätsüberwachung , Quellendifferenzierung , Intelligenzminderung , Glaubhaftigkeitsdiagnostik , kriterienorientierte Aussageanalyse , reality monitoring , source monitoring , learning disablility , witness , CBCA |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 100 Philosophie und Psychologie > 150 Psychologie |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 10348 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Auf dem angewandten Hintergrund der vorliegenden Arbeit, nämlich den zunehmenden Zahlen von intelligenzgeminderten Personen in den Statistiken bzgl. sexuellen Missbrauchs, erscheint es im Sinne eines notwendigen Zeugen- und Opferschutzes dringend angeraten, sich sowohl aus Sicht der psychologischen Forschung, aber auch aus juristischer Perspektive verstärkt mit den Kompetenzmerkmalen dieser ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Auf dem angewandten Hintergrund der vorliegenden Arbeit, nämlich den zunehmenden Zahlen von intelligenzgeminderten Personen in den Statistiken bzgl. sexuellen Missbrauchs, erscheint es im Sinne eines notwendigen Zeugen- und Opferschutzes dringend angeraten, sich sowohl aus Sicht der psychologischen Forschung, aber auch aus juristischer Perspektive verstärkt mit den Kompetenzmerkmalen dieser spezifischen Personengruppe auseinander zu setzen.
Dabei stellt sich eine Zeugenaussage als veränderliches, komplexes, von vielen subjektiven wie objektiven Faktoren sowie externalen und internalen Prozessen beeinflusstes Gebilde dar. Einerseits müssen Zeugen im Rahmen von Zeugenaussagen oftmals zwischen mehreren, external oder internal generierten (Informations-)Quellen unterscheiden. Andererseits muss vonseiten psychologischer Sachverständiger die Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen sowie die Aussagetüchtigkeit (Zeugenkompetenz) qualitativ eingeschätzt und beurteilt werden.
Dazu wurden in der vorliegenden Arbeit zwei Untersuchungen durchgeführt, die sich einerseits mit dem quantitativen Aspekt (Erinnerungs- bzw. Abrufleistung sowie Quellendifferenzierung) andererseits mit dem qualitativen Aspekt (Validierung der kriterienorientierten Aussageanalyse) einer Zeugenaussage beschäftigen.
In Teiluntersuchung 1 beobachteten lernbehinderte Jugendliche einerseits zwei sich inhaltlich relativ ähnliche, ökologisch valide Dia-Serien von inszenierten, leichten Verkehrsunfällen (Unterscheidung ´externale Quelle � externale Quelle´) bzw. sollten sich andererseits neben der einen beobachteten Dia-Serie sich eine zweite Unfall-Serie selbst ausdenken (´externale Quelle � internale Quelle´).
Die Versuchspersonen wurden dann zu zwei forensisch-praxisrelevanten Befragungszeitpunkten in halbstrukturierten Interviews zu den Dia-Serien befragt. Die Berichte wurden mittels einer Analyse von korrekt berichteten Details und einer Fehleranalyse (Quellenverwechslungen zwischen oder innerhalb der Serien, konfabulierte Inhalte, schematypische Intrusionen, allgemeine Erinnerungsfehler, Gesamtfehlerzahl) ausgewertet. Zudem wurde die Gedächtnisleistung in Abhängigkeit des Zeitpunktes und der Anzahl der Befragungen untersucht.
Im Ergebnis scheinen Quellenverwechslungen sowie die Menge an korrekt berichteten Details weniger eine Rolle zu spielen, dagegen sehr wohl die Gesamtfehlerzahl, die Zahl allgemeiner Erinnerungsfehler, konfabulierte Inhalte sowie schematypische Intrusionen.
Eine einmalige, erste Befragung nach acht Wochen wirkt sich in jedem Fall negativ auf die Abruf- und Gedächtnisleistung aus.
Im Rahmen der Validierungsuntersuchung sollten die Versuchspersonen nach Fremdinstruktion (Blindversuch) jeweils ein emotional nicht-neutrales, autobiographisches Erlebnis wie auch ein erfundenes (nicht erlebnis-basiertes) Ereignis schildern. Nach sechs Wochen fand ein zweiter Interviewtermin statt, an dem ebenfalls beide Geschichten berichtet werden sollten.
Abhängige Variablen waren die in einem Urteil des Bundesgerichtshofs zur Begutachtung von Zeugenaussagen festgesetzten Glaubhaftigkeitsmerkmale (Realkennzeichen). Ziel der zweiten Teiluntersuchung war es festzustellen, inwieweit bzw. welche der Qualitätsmerkmale zwischen erlebnisbasierten und nicht erlebnisbasierten Aussagen differenzieren können und wie sich die aussageimmanenten Inhalte zu einem zweiten Befragungszeitpunkt verändern.
Auf dem Hintergrund der Hypothese, dass sich in erlebnisfundierten Aussagen deutlich höhere Merkmalsausprägungen der einzelnen Aussagemerkmale finden lassen als in solchen ohne Erlebnishintergrund und der allgemeinen Annahme, dass die Merkmalsausprägungen über die Zeit hinweg abnehmen, fanden sich für die meisten und wichtigsten Realkennzeichen hypothesenkonforme Ergebnisse.
Die vorliegende Untersuchung gibt somit erste Hinweise für die Glaubhaftigkeitsbegutachtung bei Zeugen mit Intelligenzminderung im Rahmen der Analyse der Aussagequalität. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Jugendlichen glaubhaft ein erlebnisbasiertes Ereignis schildern können. So kann insgesamt die merkmalsorientierte Aussageanalyse als Teil der sogenannten ´Statement Validity Analysis´ (SVA) auch für diese spezielle Personengruppe als geeignetes Instrument zur Differenzierung zwischen wahren und erfundenen Aussagen angesehen werden.
Die Befunde der beiden Teiluntersuchungen der Arbeit werden auf Grundlage kognitions-, entwicklungs-, sozial- und motivationspsychologischer Erkenntnisse und speziellen Anforderungen an adäquate Befragungstechniken im Umgang mit der spezifischen Personengruppe der Lernbehinderten und deren besonderen Hintergründen, Defiziten und Anforderungen in Bezug auf ihre Implikationen für die forensische und diagnostische Praxis diskutiert.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The number of people with lower intelligence is increasing in the statistics of sexual abuse. Therefore, it seems urgently advised for the legal perspective as well as for psychological research to deal with the traits of competence of this specific group of persons, necessary for the protection of witnesses and victims. A testimony is a variable, complex thing that is influenced by subjective ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The number of people with lower intelligence is increasing in the statistics of sexual abuse. Therefore, it seems urgently advised for the legal perspective as well as for psychological research to deal with the traits of competence of this specific group of persons, necessary for the protection of witnesses and victims.
A testimony is a variable, complex thing that is influenced by subjective and objective factors as well as internal and external processes. On the one hand, in the forensic setting of testimonies witnesses often have to discriminate between several internally and externally generated sources of information. On the other hand, the credibility of a testimony and the witness competency has to be judged for quality by a psychological expert.
To investigate the characteristic traits of testimonies of people with lower intelligence, two studies with learning disabled juveniles have been performed. The first study dealt with quantitative aspects of a testimony (recall and retrieval performance and source monitoring), and in the second study qualitative aspects of a testimony (validation of the criteria-based content analysis) were addressed.
In the first study the juveniles watched, on the one hand, two by meaning and ecological validity fairly similar slide series of virtual minor traffic accidents (distinction ´external source � external source`).They should, in addition to the watching the series, invent a second crash-series by themselves (distinction ´external source � internal source´).
Subsequently, the subjects were interviewed about the slide-shows at two forensic-practical-relevant time points via semi-structured interviews. The reports were evaluated by analysis of correctly reported details and analysis of different types of errors (source monitoring errors between or within the series, confabulations, schematic-typical intrusions, general recall errors, total errors). Additionally, recall performance was analyzed regarding the time point and the number of the interviews.
In this study, source monitoring errors and the amount of correctly reported details seemed to be not as important as the amount of total errors, general recall errors, confabulations and schematic-typical errors. Furthermore, a first interview after eight weeks could be demonstrated to have negative effects on the recall and retrieval performance.
In the second study the CBCA criteria (criteria-based content analysis), which were set as obligatory for the examination of witness statements by a decision of the highest german court, were evaluated. The goal of this study was to determine which of the quality criteria respectively, to what extent these criteria can discriminate between event- and non event-based statements and how the statement-immanent contents change over time. Within the validation study subjects should report each an emotional non-neutral autobiographical experience as well as an imagined (non event-based)event. After six weeks a second interview took place where both stories should be reported again.
The widely accepted hypothesis that in event-based statements most of the several criteria has a much higher extent than in non event-based statements, as well as the general assumption that the extent of the criteria decreases over time could both be confirmed in general by this study. Furthermore, the present study provides first hints for the examination of the credibility of people with diminished intelligence in the settings of the statement quality analysis. The results suggest that these juveniles are able to report an event-based experience in a plausible and credible way. Therefore, the criteria-based content analysis (CBCA) as a part of the SVA (statement validity analysis) seems to be a suitable and reliable instrument to distinguish between true and false statements even for this specific group of persons.
The findings of both studies are discussed on the basis of cognitional, developmental, social and motivational psychology. In addition, the specific requirements for suitable interview techniques that deal with the specific group of learning disabled juveniles and their special backgrounds, deficits, situations and demands in relation to their implications for the forensic and diagnostic practice were discussed.
Metadaten zuletzt geändert: 26 Nov 2020 13:11