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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-318954
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.31895
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 10 Juni 2015 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Göran Hajak |
Tag der Prüfung: | 9 Juni 2015 |
Institutionen: | Medizin > Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie |
Stichwörter / Keywords: | sensation seeking, extreme sports, substance use |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 100 Philosophie und Psychologie > 150 Psychologie 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 31895 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Das Persönlichkeitskonstrukt „sensation seeking“ beschreibt „die Suche nach abwechslungsreichen, neuen, komplexen und intensiven Eindrücken oder Erfahrungen, sowie die Bereitschaft zur Inkaufnahme von physischen, sozialen, legalen und finanziellen Risiken um dieser Erfahrungen willen“. Menschen mit hoher Ausprägung dieses Persönlichkeitsmerkmals neigen dadurch zu gesundheitsgefährdendem Verhalten ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Das Persönlichkeitskonstrukt „sensation seeking“ beschreibt „die Suche nach abwechslungsreichen, neuen, komplexen und intensiven Eindrücken oder Erfahrungen, sowie die Bereitschaft zur Inkaufnahme von physischen, sozialen, legalen und finanziellen Risiken um dieser Erfahrungen willen“. Menschen mit hoher Ausprägung dieses Persönlichkeitsmerkmals neigen dadurch zu gesundheitsgefährdendem Verhalten in vielerlei Hinsicht. Die vorliegende Studie untersuchte hierzu 100 Eliteextremsportler der Disziplinen „Freeride Snowboard“ (steile Abfahrt in freiem Gelände), „Freeride Ski“ (steile Abfahrt in freiem Gelände), „Freestyle Ski“ (Parcours mit Sprungmanövern), „Downhill Mountainbike“ (steile Abfahrt auf einem Waldpfad mit eingebauten Hindernissen), „Wildwasser Kajak“ (im Oberlauf eines Gebirgsflusses mit großem Gefälle) und „Basejump“ (Fallschirmspringen von festem Untergrund). Als Referenzpopulation dienten 100 Studenten in entsprechendem Alters- und Geschlechterverhältnis ohne Beteiligung an Extremsportarten. Mithilfe standardisierter und validierter Selbstbeurteilungsfragebögen wurden Prävalenzraten zu Substanzkonsum sowie zu substanzungebundenen Suchtverhaltensweisen erhoben. Zusätzlich wurde die Ausprägung verschiedener suchtassoziierter Merkmale (z.B. die Prävalenz von Tätowierungen und Piercings) untersucht, die in der Literatur auch in Zusammenhang mit „sensation seeking“ diskutiert werden.
Die Extremsportgruppe zeigte signifikant erhöhte mittlere Summenwerte auf der Sensation Seeking Skala (SSS-V) (p=0,001), sowie auf den Subskalen „Disinhibition“ (dt. „Enthemmung“) (p=0,006) und „Thrill and Adventure Seeking“ (dt. „Suche nach Spannung und Abenteuer“) (p<0,001).
Hinsichtlich der Konsumgewohnheiten für psychotrope Substanzen ergab sich ein heterogenes Bild.
Signifikant häufiger vertreten waren Extremsportler unter Studienteilnehmern mit hohem wöchentlichem Alkoholkonsum (durchschnittlicher Konsum von >10 alkoholischen Standardeinheiten pro Woche; p=0,005), unter extremen Rauschtrinkern (mindestens einmaliger Konsum von >20 alkoholischen Standardeinheiten pro Tag in den vergangenen 12 Monaten; p=0,019) sowie bei besonders früh erlebten Alkoholintoxikationen (erste Alkoholintoxikation im Alter von unter 14 Jahren; p=0,036). Extremsportler wiesen jedoch keine signifikant höhere Beteiligung an riskanten Alkoholkonsummustern auf, die mit unmittelbar negativen gesundheitlichen Konsequenzen einhergehen (p=0,124). Als indirekt gesundheitsgefährdend kann die unter Extremsportlern deutlich erhöhte Bereitschaft alkoholisiert Auto zu fahren angesehen werden (nach Konsum von zwei (p<0,001) bzw. vier (p<0,001) alkoholischen Standardeinheiten), wobei dieses Verhalten mit zunehmender Ausprägung von „sensation seeking“ unabhängig der Gruppenzugehörigkeit zunahm.
Die Lebenszeitprävalenz für den Konsum illegaler Drogen innerhalb der Extremsportgruppe lag mit 79 % signifikant höher als für das studentische Kontrollkollektiv (p=0,002). Für Cannabis ergab sich unter Extremsportlern eine signifikant erhöhte Konsumfrequenz in der Rangfolgetestung (p=0,001). Für gesundheitlich bedenklichen Cannabiskonsum (mindestens wöchentlicher Konsum) zeigten sich Extremsportler deutlich vulnerabler (p=0,014). Hinsichtlich des Konsums anderer illegaler Substanzen neben Cannabis konnte unter Extremsportlern eine signifikant erhöhte 12-Monatsprävalenz ausgemacht werden (p=0,002).
Die Auswertung substanzungebundener Verhaltensweisen ergab weder für die Beteiligung an Glücksspiel noch für exzessiven Medienkonsum signifikante Gruppenunterschiede. Die Ausprägung von Promiskuität betreffend, konnte Extremsportlern dieser Untersuchung eine signifikant höhere Anzahl unterschiedlicher Geschlechtspartner bescheinigt werden (p<0,001).
Alle Teilnehmer wurden mithilfe eines Selbstbeurteilungsfragebogens auf das Vorliegen eines Aufmerksamkeit-Defizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) untersucht. Bei Extremsportlern führte die Auswertung in mehr als doppelt so vielen Fällen zur Verdachtsdiagnose „ADHS des Erwachsenenalters“ als innerhalb der Studentengruppe (p=0,004). Dabei stieg untersuchungsgruppenunabhängig mit zunehmender Ausprägung von „sensation seeking“ die Wahrscheinlichkeit eines positiven ADHS-Befunds. Die Prävalenz von Tätowierungen und Piercings betrug unter Extremsportlern 56 % und konnte somit als zusätzliches, hochsignifikantes Unterscheidungsmerkmal zur Kontrollpopulation identifiziert werden (p<0,001).
Mittels multipler linearer Regressionsanalyse wurden zwei Modelle aus ausgewählten Prädiktoren erstellt, die eine Vorhersage für die Beteiligung an definierten Konsummustern psychotroper Substanzen erlauben. Die errechnete Schätzgleichung ermöglicht eine Einschätzung der individuellen Vulnerabilität, je nachdem welche Kombination aus Prädiktoren (die die vorherzusagende Zielgröße signifikant zu beeinflussen vermögen) der Einzelne auf sich vereinigt. Kontrolliert für Gruppenzugehörigkeit, konnte eine zufriedenstellende Varianzaufklärung anhand der identifizierten Prädiktoren von 34,7 % für summierten wöchentlichen Alkoholkonsum (Modell A), sowie von 36 % für die Konsumfrequenz von Cannabis (Modell B), erzielt werden.
Zusammenfassend unterstützen die erhobenen Befunde die Validität des Persönlichkeitskonstrukts „sensation seeking“. Den in der vorliegenden Erhebung untersuchten Eliteextremsportlern kann eine sehr hohe Ausprägung des Persönlichkeitsmerkmals attestiert werden. Eine Vielzahl bekannter Zusammenhänge zwischen den einzelnen Dimensionen des Persönlichkeitsmerkmals, Substanzkonsum und suchtassoziierter Verhaltensweisen konnte repliziert werden. Somit bestätigt die vorliegende Untersuchung, dass bei Personen mit hoher Ausprägung von „sensation seeking“ im Allgemeinen und bei Extremsportlern im Speziellen, von einer verstärkten Beteiligung an gesundheitsgefährdendem Verhalten, vor allem in Zusammenhang mit suchthaften Verhaltensweisen, ausgegangen werden muss. Hieraus ergeben sich Implikationen für weiterführende Forschungsprojekte, die die Ausarbeitung individuell zugeschnittener Präventions- und Therapieprogramme zum Ziel haben sollten.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The personality trait sensation seeking describes the search for "experiences and feelings that are varied, novel, complex and intense" and by the readiness to "take physical, social, legal, and financial risks for the sake of such experiences". High sensation seekers tend to engage in harmful and risky behaviour in various respects. This study examined 100 elite extreme sport athletes ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
The personality trait sensation seeking describes the search for "experiences and feelings that are varied, novel, complex and intense" and by the readiness to "take physical, social, legal, and financial risks for the sake of such experiences". High sensation seekers tend to engage in harmful and risky behaviour in various respects. This study examined 100 elite extreme sport athletes participating in the disciplines „Freeride snowboarding“, „Freeride skiing“ (i.e. steep descent in open terrain), „Freestyle skiing“ (prepared course with a variety of jumps), “Downhill mountainbiking” (steep descent on a narrow path with obstacles), “Whitewater kayaking” (paddling down a mountain river with waterfalls) and “base-jumping” (parachuting from a fixed structure or cliff). The athlete group was compared to a population of 100 students of corresponding age and gender who did not participate in extreme sports. Prevalence rates for substance use and non drug related behavioural addictions were collected by standardized and validated self-report questionnaires. In addition several characteristics related to substance misuse and sensation seeking were obtained.
Extreme sports participants showed significantly higher scores on the Sensation Seeking Scale (SSS-V) (p=0,001) and on two of its subscales measuring Disinhibition (p=0,006) and Thrill and Adventure Seeking (p<0,001).
A significantly higher number of extreme sports athletes compared to their student peers showed high weekly alcohol intake (average consumption of more than 10 alcoholic standard units per week; p=0,005), were more likely to engage in binge drinking behaviour (more than 20 alcoholic standard on a single day during the last year; p=0,019) and had been experiencing their first alcohol intoxication under 14 years of age (p=0,036).
However, extreme sports athletes did not exhibit significantly higher prevalence in risky drinking habits, which are strongly associated to negative health consequences (p=0,124). Extreme sports athletes were more likely to drive under the influence of alcohol (driving after consumption of 2 standard units (p<0,001), after 4 standard units respectively (p<0,001)).
Lifetime prevalence for the intake of illegal drugs accounted to 79 % for extreme sports athletes and exceeded that for students significantly (p=0,002). Furthermore extreme sport athletes showed a higher frequency in cannabis consumption (p=0,001). Regarding harmful cannabis use (at least weekly consumption) extreme sports athletes appeared to be more vulnerable (p=0,014). Other illegal drugs apart from cannabis were consumed more often by extreme sports athletes than by students during the last year (p=0,002). Analysis of non drug related behavioural addictions showed no group differences regarding the involvement in gambling or for excessive media consumption. Concerning promiscuity, extreme sports athletes proved to have significantly more different sexual partners (p<0,001).
All participants were screened for Attention Deficit Hyperactivity Disorder (ADHD) by a self-report questionnaire. Extreme sports athletes were more than twice as likely having a positive test result than the student cohort (p=0,004).
Prevalence of tattoos and piercings among extreme sports athletes constituted to 56 % and proved to be a significant discrimination parameter between the two cohorts (p<0,001).
By multiple linear regression analysis two models were constructed in order to predict participation in defined substance use patterns. The calculated equation allowed an assessment of individual vulnerability regarding substance misuse. Controlled for group membership correlation coefficients of 0,35 for average weekly alcohol consumption and of 0,36 for frequency of cannabis consumption were achieved.
Our data supports the validity of the personality trait sensation seeking. Extreme sports athletes proved to score high on SSS-V and its subscales. A number of correlations between single dimensions of the personality trait, substance use and misuse, and behavioural tendencies were replicated. Therefore this study adds further evidence that high sensation seekers in general and extreme sports athletes in particular are more prone to risky and harmful behaviour, especially in a substance misuse context. This implies further research to create particularly designed prevention programmes.
Metadaten zuletzt geändert: 25 Nov 2020 23:56