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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-417171
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.41717
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 4 März 2020 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Rainer Rupprecht und Prof. Dr. Romuald Brunner |
Tag der Prüfung: | 4 März 2020 |
Institutionen: | Medizin > Lehrstuhl für Psychiatrie und Psychotherapie |
Stichwörter / Keywords: | Theory of Mind, Depression, MDD, ToM, |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 100 Philosophie und Psychologie > 150 Psychologie 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 610 Medizin |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 41717 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Hintergrund: Unipolare Depressionen zählen bereits heute zu den Erkrankungen, denen ein erheblicher Teil des Verlustes an gesunden Lebensjahren zuzuschreiben ist. Depressionen beeinträchtigen den Betroffenen in sämtlichen Aspekten seiner Lebensführung. Neben affektiven und körperlichen Symptomen erleben depressive Personen zudem häufig eine vielschichtige Einschränkung ihres sozialen ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Hintergrund: Unipolare Depressionen zählen bereits heute zu den Erkrankungen, denen ein erheblicher Teil des Verlustes an gesunden Lebensjahren zuzuschreiben ist. Depressionen beeinträchtigen den Betroffenen in sämtlichen Aspekten seiner Lebensführung. Neben affektiven und körperlichen Symptomen erleben depressive Personen zudem häufig eine vielschichtige Einschränkung ihres sozialen Funktionsniveaus. Erkrankte führen ein weniger aktives und erfüllendes Sozialleben und berichten häufig von Schwierigkeiten im zwischenmenschlichen Umgang mit Mitmenschen. Ein vielversprechendes Modell, sich dieser sozialen Dysfunktionalität wissenschaftlich zu nähern, stellt das Konzept der Theory of Mind (ToM; synonym: Mentalisierung) dar. Als ToM wird die Fähigkeit bezeichnet, sich selbst und anderen Menschen mentale Zustände zuschreiben und damit eigene und fremde Gedanken, Wahrnehmungen, Intentionen und Gefühle verstehen zu können. Innerhalb der ToM wird von vielen Autoren zwischen einer Decoding- (das Erschließen mentaler Zustände aufgrund von visuellen Informationen) und einer Reasoning- (das Erschließen mentaler Zustände aufgrund von verbalen oder kontextuellen Informationen) Komponente differenziert. Während insgesamt bisher wenige Studien zur ToM bei depressiven Störungen vorliegen, befassen sich die meisten Studien diesbezüglich vor allem mit der Decoding-Fähigkeit der ToM. Ziel der vorliegenden Arbeit war es, die ToM-Reasoning-Komponente von 30 unipolar-depressiven Probanden zu erfassen und diese mit einer Kontrollgruppe aus 32 klinisch unauffälligen Personen zu vergleichen.
Methoden: Im Rahmen der vorliegenden, querschnittlichen Arbeit wurden 30 unipolar-depressive Probanden untersucht. Die Werte der 32 Personen umfassenden, gesunden Kontrollgruppe lagen bereits vor. Zur Erhebung der ToM-Reasoning-Fähigkeit diente ein textbasiertes ToM-Paradigma, der Short-Story-Task (SST). Durch die Abwesenheit von visuellen Stimuli eignet sich das verwendete Paradigma besonders zu einer isolierten Erhebung der kognitiven Reasoning-Komponente der ToM. Der Schweregrad der Depressivität wurde mit dem Beck-Depressions-Inventar II (BDI-II) und der Hamilton Depressionsskala (HAM-D), das Intelligenzniveau der Probanden mit dem CFT-20 und dem MWT-B erfasst.
Ergebnisse: Die mittlere ToM-Reasoning-Gesamtleistung war bei den depressiven Probanden signifikant schwächer ausgeprägt als in der gesunden Kontrollgruppe. Beide Gruppen zeigten vergleichbar gute Gesamtleistungen im allgemeinen Textverständnis, welches als Kontrollvariable für die exekutiven Funktionen diente. Die innerhalb der depressiven Untersuchungsgruppe festgestellte Einschränkung der ToM-Leistung korrelierte nicht statistisch bedeutsam mit dem Schweregrad der Depressivität oder den anamnestischen Kenndaten zur depressiven Störung. Es ließ sich jedoch bei den depressiven Probanden, nicht aber in der gesunden Kontrollgruppe eine signifikante Korrelation zwischen der ToM-Reasoning-Leistung und der Anzahl der pro Monat gelesenen belletristischen Bücher feststellen.
Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit lassen erkennen, dass sich unipolar-depressive Probanden in ihrer Fähigkeit, aufgrund von kontextuellen Informationen auf den mentalen Zustand von anderen Personen schließen zu können, signifikant beeinträchtigt zeigen. Resultate anderer Autoren deuten darauf hin, dass ein Defizit in dieser Fähigkeit die Rezidivwahrscheinlichkeit für weitere depressive Episoden deutlich erhöhen könnte. Die Erkenntnisse der vorliegenden Arbeit, wonach Schweregrad und zeitliche Ausprägung der Depressivität nicht invers mit der ToM-Fähigkeit korreliert sind, könnte die These einiger Autoren unterstützen, wonach sich die Beeinträchtigung der ToM-Leistung im Rahmen von depressiven Störungen zumindest anteilig als zeitstabile trait-Eigenschaft und somit als Vulnerabilitätsfaktor darstellt.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Background: Unipolar depression is already one of the diseases to which a considerable part of the loss of healthy life years can be attributed. MDD affects all aspects of a person's lifestyle. In addition to affective and physical symptoms, depressive persons often experience a complex limitation of their social functions. Those affected lead a less active and fulfilling social life and often ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
Background: Unipolar depression is already one of the diseases to which a considerable part of the loss of healthy life years can be attributed. MDD affects all aspects of a person's lifestyle. In addition to affective and physical symptoms, depressive persons often experience a complex limitation of their social functions. Those affected lead a less active and fulfilling social life and often report difficulties in interpersonal relationships with others. A promising model for approaching this social dysfunctionality scientifically is the concept of the Theory of Mind (ToM; synonym: mentalizing). ToM refers to the ability to attribute mental states to oneself and others and thus to be able to understand one's own and other people's thoughts, perceptions, intentions and feelings. Within the ToM, many authors differentiate between a decoding component (the development of mental states based on visual information) and a reasoning component (the development of mental states based on verbal or contextual information). While there are few studies on ToM in depressive disorders in general, most studies focus on the decoding ability of ToM. The aim of the present study was to record the ToM reasoning component of 30 unipolar depressive subjects and to compare them with a control group of 32 clinically unremarkable persons.
Methods: In the context of this cross-sectional study 30 unipolar-depressive subjects were examined. The data of the healthy control group of 32 persons was already available. A text-based ToM paradigm, the Short-Story-Task (SST), was used to assess the ToM-Reasoning ability. Due to the absence of visual stimuli, the paradigm used is particularly suitable for an isolated assessment of the cognitive reasoning component of ToM. The severity of depression was measured with the Beck Depression Inventory II (BDI-II) and the Hamilton Depression Scale (HAM-D), the intelligence level of the subjects with the CFT-20 and the MWT-B.
Results: The mean ToM-reasoning-overall-performance was significantly weaker in the depressed subjects than in the healthy control group. Both groups showed comparable good overall performance in general text comprehension, which served as a control variable for executive functions. The reduction in ToM performance observed in the depressive study group did not correlate statistically significant with the severity of the depressiveness or the anamnestic characteristics of the depressive disorder. However, a significant correlation between ToM response and the number of fiction books read per month was found in the depressed subjects but not in the healthy control group.
Conclusions: The results of the present study indicate that unipolar depressive subjects are significantly impaired in their ability to infer the mental state of other persons based on contextual information. Results of other authors suggest that a deficit in this ability could significantly increase the probability of recurrence of further depressive episodes. The findings of the present study, according to which the severity and temporal expression of depressiveness are not inversely correlated with the ToM ability, could support the thesis of some authors that impairment of ToM performance in the context of depressive disorders is at least proportionally represented as a time-stable trait property and thus as a vulnerability factor.
Metadaten zuletzt geändert: 25 Nov 2020 16:42