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- URN zum Zitieren dieses Dokuments:
- urn:nbn:de:bvb:355-epub-434987
- DOI zum Zitieren dieses Dokuments:
- 10.5283/epub.43498
Dokumentenart: | Hochschulschrift der Universität Regensburg (Dissertation) |
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Open Access Art: | Primärpublikation |
Datum: | 3 August 2020 |
Begutachter (Erstgutachter): | Prof. Dr. Dr. Ekkehard Haen |
Tag der Prüfung: | 8 Juli 2020 |
Institutionen: | Chemie und Pharmazie > Institut für Pharmazie |
Stichwörter / Keywords: | Risikoscore, Hypotonie, Anwendungsbeobachtung, Validierung, gemischt lineares Modell, AMBEW, Arzneimittelbewertung, patientenindividuelles Risiko |
Dewey-Dezimal-Klassifikation: | 600 Technik, Medizin, angewandte Wissenschaften > 615 Pharmazie |
Status: | Veröffentlicht |
Begutachtet: | Ja, diese Version wurde begutachtet |
An der Universität Regensburg entstanden: | Ja |
Dokumenten-ID: | 43498 |
Zusammenfassung (Deutsch)
Um das blutdrucksenkende Risiko aus der Arzneimitteltherapie abzubilden, wurden in dieser Arbeit 109 Wirkstoffe 15 Rezeptorsystemen mit blutdrucksenkendem Potential zugeordnet. Deren Rezeptorbesetzung wurde unter therapeutischen Wirkstoffkonzentrationen mit Hilfe der Ergebnisse von Radioligandbindungsstudien aus der Literatur berechnet, wobei eine Rezeptorbesetzung von über 50% einen zusätzlichen ...
Zusammenfassung (Deutsch)
Um das blutdrucksenkende Risiko aus der Arzneimitteltherapie abzubilden, wurden in dieser Arbeit 109 Wirkstoffe 15 Rezeptorsystemen mit blutdrucksenkendem Potential zugeordnet. Deren Rezeptorbesetzung wurde unter therapeutischen Wirkstoffkonzentrationen mit Hilfe der Ergebnisse von Radioligandbindungsstudien aus der Literatur berechnet, wobei eine Rezeptorbesetzung von über 50% einen zusätzlichen Risikopunkt ergab. Zusätzlich wurden Fallberichte und die Halbwertszeit von über 10 Stunden als ein Risikopunkt betrachtet. So wird das Risiko eine Hypotonie oder Orthostase zu verursachen, von insgesamt 202 Wirkstoffen durch die Einteilung in 5 verschiedene Risikoklassen (Risikopunkte von 0-4) differenziert.
Um das patientenindividuelle Risiko einer Hypotonie und Orthostase abzubilden, fließen epidemiologische Risikofaktoren wie das Alter über 60 Jahre, der Lebensstil (Rauchverhalten), die Multimorbidität, der Flüssigkeitshaushalt, sowie die Compliance des
Patienten mit je einem Risikopunkt in den Score ein. So wird das Patientenkollektiv von Interesse bei der Risikobewertung betrachtet und so das Lebensalter abgebildet, das durch Zulassungsstudien nur unzureichend dargestellt wird. Diese Methodik des Hypotonie-Risikoscores zeigt einen weiteren Schritt in Richtung der „personalized medicine“ und berücksichtigt die Individualität des Patienten.
Diese Art der Entwicklung des Risikoscores ermöglicht es nun, einerseits das Risiko der Arzneimitteltherapie, bei der die Wirkstoffe jeweils mit Scorepunkten von 0-4 eingehen, andererseits das patientenindivuelle Risiko, das mit Scorepunkten von 0-5 bewertet wird, in einem gemeinsamen Score abzubilden.
Um dieses Modell der Risikobewertung nun klinisch einzuordnen, wurde eine retrospektive, duozentrische Anwendungsbeobachtung ohne Intervention und follow up durchgeführt und durch das linear gemischte Modell statistisch ausgewertet. Insgesamt wurden 16.526 einzelne Blutdruckwerte erfasst. Bei 9133 Verschreibungstagen entspricht das 1,8 gemessenen Blutdruckwerten pro Tag pro Patient. Im Mittel lagen die Blutdruckwerte bei 132,8 ± 23mmHg zu 78,6 ± 13,5 mmHg. In dieser eigentich optimalen Einstellung der Patienten wird jedoch das Orthostase – Risiko nicht abgebildet, da Orthostase Ereignisse akut auftreten und durch mittlere Blutdruckwerte nicht festzustellen sind. Eine Orthostase ist durch einen Schellong-Test feststellbar, der jedoch heute in der Klinik nicht routinemäßig durchgeführt wird. Dass ein Absinken des Blutdruckes auf Werte von unter 100mmHg / 60mmHg bei geriatrischen Patienten klinisch relevant ist, zeigt die in dieser Arbeit ermittelte Prävalenz von 13.1% (651 „Hypotonie Tage“ von insgesamt 4953 erfassten Tagen).
Um weitere Risikofaktoren einer Blutdrucksenkung für das untersuchte Patientenkollektiv zu identifizieren wurde für jeden Liegetag des Patienten ein eigener Datensatz erhoben, der die tagesaktuelle Medikation beinhaltet, sowie patientenindividuelle Faktoren. Somit entstanden bei einem Gesamtkollektiv von 348 Patienten insgesamt 17.052 Datensätze, durch deren statistische Auswertung über das gemischt lineare Modell nun weitere Risikofaktoren und protektive Faktoren identifiziert und quantifiziert wurden. So wurden bisher nicht bekannte Risikofaktoren ermittelt, wie das männliche Geschlecht, das Delir als Grunderkrankung, sowie eine funktionelle Darmstörung. Desweiten wurden Wirkstoffgruppen wie Chinolon-Antibiotika, Opioid-Analgetika, Cholesterinsenker, Thrombocytenaggregationshemmer und Protonenpumpeninhibitoren gefunden, die das Risiko eine Hypotonie zu erleiden beeinflussen. Auch können nun, bisher nicht bekannte protektive Faktoren, in den Score miteingehen, wie die Aufenthaltsdauer, der Ernährungsstatus oder Diagnosen wie eine Depression und Hypertonie. Das Risiko von bereits in der Literatur beschriebenen Risikofaktoren, wie dem Alter oder einzelnen Diagnosen wurde nun quantifiziert und kann so differenzierter betrachtet werden.
In dieser Arbeit wurden, durch den Risikoscore Grenzwerte definiert, ab denen ein Patient engmaschiger auf das Auftreten einer unerwünschten Blutdrucksenkung beobachtet werden soll. Ein Score ab 17 zeigte einen intensiveren Überwachungsbedarf an. So können die knappen Ressourcen im Gesundheitssystem effizienter genutzt werden, da Hoch-Risikopatienten im Vorfeld, bereits bei der Anamnese, identifziert werden können. Diese Form der Prävention ermöglicht nun bereits bei Aufnahme des Patienten Risiken abzuschätzen, die Medikation so patientenindividuell zu bewerten und in der Folge anzupassen.
Diese nun mögliche rationale Medikationsbewertung durch die Integration von Risikoscores für die individuelle Nutzen – Risiko - Bewertung, wird über eine internetbasierte Plattform namens AMBEW kommuniziert, die parallel zu dieser Arbeit in der Arbeitsgruppe entwickelt wird. Hervorzuheben ist der in dieser Arbeit entwickelte klar gegliederte Aufbau eines Abschlussberichts einer Medikationsbewertung, der eine objektive Patientenbeschreibung, pharmakokinetische und pharmakodynamische Interaktionen, die Bewertung von Plasmakonzentrationen, sowie eine Bewertung von aufgetretenen unerwünschten Arzneimittelwirkungen einschließlich Empfehlungen zu monitoring- Parameten beinhaltet. Die so neu geschaffene Infrastruktur für die Kommunikation der Medikationsbewertung ist direkt, schnell, einfach und im Praxisalltag leicht zu integrieren. Durch den standardisierten Abschlussbericht der Medikationsbewertung ist die bisher fehlende Grundlage für ein funktionierendes Medikationsmanagement geschaffen worden, die einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit leistet. So trägt eine Medikationsbewertung über AMBEW zur Prävention von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, sowie zur Individualisierung der Arzneimitteltherapie bei und verbessert so das Patientenoutcome.
Durch den in dieser Arbeit entwickelten Hypotonie-Risikoscore werden Arzt und Apotheker bei ihrer kontinuierlichen Nutzen – Risiko - Bewertung bei Patienten mit Polypharmazie unterstützt. Diese Arbeit zeigt einen wissenschaftlichen Ansatz, wie das wirkstoff – und
patientenindividuelle Risiko mit Hilfe eines Risikoscores bewertet wird und so die Grundlage für eine fundierte Medikationsbewertung bildet. Durch diese Art der Analyse von Arzneimittelrisiken und Risikobewertung von Medikationen werden potentielle unerwünschte Folgen der medikamentösen Therapie abgewehrt und somit ein bedeutender Betrag zur Pharmakovigilanz, Prävention von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, zur Arzneimitteltherapiesicherheit, Individualisierung der Therapie, Kosteneinsparungen, sowie zur Verbesserung des Patientenoutcome geleistet.
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
By matching 109 drugs to 15 receptor systems which participate in lowering the blood pressure, the risk of a hypotension caused by the medication was pictured. The receptor occupation of these drugs was calculated under therapeutic plasma levels. Therefore we used radioligand occupation assays from the literature, whereas an occupation >50% resulted in an additional risk-point. Also case reports ...
Übersetzung der Zusammenfassung (Englisch)
By matching 109 drugs to 15 receptor systems which participate in lowering the blood pressure, the risk of a hypotension caused by the medication was pictured. The receptor occupation of these drugs was calculated under therapeutic plasma levels. Therefore we used radioligand occupation assays from the literature, whereas an occupation >50% resulted in an additional risk-point. Also case reports and a half-life >10h was seen as one risk-point. With this design of the risk score we could differentiate the capability of causing a hypotension by classifying 202 drugs into 5 different risk-classes (risk score 0-4). To show the individual risk of a hypotension or an orthostatic event, also epidemiological factors like the age >60years, the life style (smoking), multimorbidity, hydration status and the compliance enter the score with each one point. As a consequence, the risk assessment considers the group of interest, who is often excluded from approval studies. This method of developing the hypotension risk score is another step topwards the so called "personalized medicine" and regards the individuality of the patient. So we can show the risk of the medication by allocating risk points from 0-4 to each drug and we can show the individual risk of a patient by allocating risk points from 0-5 in one common score. In order to validate the score in daily practice, a retrospective, duocentric, observational study was conducted, without any intervention or follow up. The statistic modell was the linear mixed model. Alltogether 16.526 blood pressure measurements were included, which correspond 1,8 blood pressure measurements per day per patient. The mean blood pressure was 132,8 ± 23mmHg zu 78,6 ± 13,5 mmHg. Though these values can't illustrate the risk caused by orthostatic events, because these events can't be detected by measuring mean arterial blood pressure. Only a Shellong test can detect an orthostatic event, but this test is not routine in daily practice. The prevalence of a blood pressure <100mmHg/60mmHg was 13,1%. So this topic of hypotension events is clinical absolutely relevant. To identify further risk factors, every lay day was represented in its own data set, including the daily medication and individual variables. Alltogether 348 patient were observed which led to 17052 data sets. As a result, new risk factors could be found like male gender, a delirium and gastrointestinal malfunction. Also drugs like Chinolon-Antibiotics, opioid-analgetics, the so called statines, and PPI's could be found as risk enhancing variables. Even yet unknown protectiv factors could be identified as to mention the duration of the stay at the ward, the nutrition status or the diagnosis of depression and hypertension. We could also quantify the risk of already known risk factors from the literature and could differentiate the risk more appropriate. If the patient risk score exceeds the value of 17, we recommend to monitor the patients blood pressure more closely.The resources can be used more efficiently by identifying a high-risk patient already at the anamnesis. This method of prevention allows us to evaluate the medication of a patient and to adjust it. This risk score is now included in an internet-based platform called AMBEW. This program supports the physician in his risk-benefit analysis. In this dissertation the result page was designed, which shows all relevant points including pharmacokinetic and pharmacodynamic interactions, interpretation of plasma levels, monitoring parameters and the evaluation of adverse drug events in one standardised page. This new infrastructure allows us to implement a rapid, direct and easy way for medication assessment in order to improve the safety of drug therapy. Prevention and personalized medicine contribute in improving the patients outcome. This risk score supports the physician or the pharmacist in his risk-benefit analysis and is a scientific way to score the individual risk of a patient. Thus the basis of a profound drug assessment is established which can lead to improved outcome and safety of drug therapie.
Metadaten zuletzt geändert: 25 Nov 2020 16:19